Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

514 Das Verwaltungsrecht. 8201 
schriften nicht getroffen sind, so greifen eben die allgemeinen Rechts- 
normen des Privatrechts Platz unter Fortfall der in den anderen 
Landesteilen bestehenden Beschränkungen hinsichtlich der Domänen= 
veräußerungen. 
Es könnte sich nur fragen, ob dieser im allgemeinen vor Erlaß 
der Verfassungsurkunde festgestellte Rechtszustand durch den Ueber- 
gang Preußens zur konstitutionellen Staatsform eine Verände- 
rung erfahren hat, ob insbesondere jetzt der entgeltliche Erwer 
neuer Domänen aus Staatsmitteln oder die Veräußerung von 
Staatsdomänen an die Zustimmung des Landtages geknüpft ist. 
Eine ausdrückliche allgemeine Bestimmung, welche eine solche 
Mitwirkung erforderte, gibt es nicht. Nur für Verträge mit aus- 
wärtigen Regierungen ist unter gewissen Voraussetzungen die Bu—- 
stimmung der Volksvertretung notwendig. Die Regierung hat dem 
Abgeordnetenhause gegenüber die Rechtsauffassung ausgesprochet 
daß sie zur entgeltlichen Veräußerung von Staatseigentum allge— 
mein befugt sei, da ihr kein Gesetz eine solche verbiete, oder eine 
Mitwirkung des Landtages gebiete. Dem gegenüber wurde von 
seiten des Abgeordnetenhauses geltend gemacht, es sei zur Domänen“ 
veräußerung schon die Zustimmung der alten Stände notwendig 
gewesen als deren Rechtsnachfolger der Landtag zu betrachten ser 
Weiterhin erfordere Art. 103 der Verfassungsurkunde die Z7 
stimmung der Volksvertretung zur Aufnahme von Staatsanleihen- 
sowie zur Uebernahme von Garantien zu Lasten des Staates, * 
Domänenveräußerung sei aber demgegenüber ein Mehr, da sie 1 
Aufnahme von Anleihen und die Uebernahme von Garantien übe' 
flüssig mache. Daß zu einer solchen Veräußerung die Zustimmung 
der Volksvertretung notwendig sei, hätte man bei Abfassung del 
Verfassungsurkunde für so selbstverständlich gehalten, daß man di- 
Aufnahme einer dahin gehenden Bestimmung für überflüssig “ 
achtet hätte. Endlich ergebe sich aber aus jeder Domänenveräuße= 
rung eine Einnahme für den Staat, alle Staatseinnahmen mü ten 
aber auf den Staatshaushalt gebracht und vom Landtage g 
nehmigt werdento). Irgend ein rechtlicher Zusammenhang zwische 
  
10) Die Frage kam zur Erörterung, als 1865 die Regierung io 
Ankaufsrecht an der Köln-Mindener Eisenbahn gegen eine bestimm 
Abfindungssumme aufgab. Vgl. besonders den Bericht der 11. Komm- von 
14. Februar 1866 in den Sten. Ber. des Hauses der Abg. 1866, B H
	        
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