530 Das Verwaltungsrecht. 8 208
Beispielsweise bewegt sich die ganze neuere Steuergesetzgebung in
der Richtung, die unteren Bevölkerungsklassen möglichst zu entlasten
und dagegen die wohlhabenderen in höherem Maße heranzuziehen.
Niemals ist hierin eine mit den Bestimmungen der Verfassungs-
urkunde im Widerspruche stehende Bevorzugung gesehen worden.
Eine solche würde erst dann vorliegen, wenn etwa die Handarbeite!
als solche ohne Rücksicht auf ihr Einkommen von der Steuerzahlun
befreit würden. Nicht jede Ungleichmäßigkeit in der Besteuerung
eine solche wird sich niemals ganz vermeiden lassen, sondern nur
die Bevorzugung einer bestimmten Gesellschaftsklasse vor der anderen
ist also verfassungswidrig. Dabei ist jedoch anzuerkennen, daß di
Grenze zwischen der Bevorzugung einer Gesellschaftsklasse und de
einer bestimmten Besitzart sich keineswegs scharf ziehen läßt, a
beides häufig zusammenfallen wird. Diese Schwierigkeiten sin
jedoch unvermeidlich, solange der innerlich unklare Art. 101 det
Verfassungsurkunde und die Möglichkeit verfassungswidriger Geses
überhaupt noch bestehen.
Man teilt die Steuern gewöhnlich ein in direkte und indirte
Steuern und versteht unter der ersteren die von dem Einkomme
oder dem Vermögen oder einzelnen Zweigen des Einkommens #
Vermögens in periodischen Zeiträumen zu entrichtenden Abgaben
unter letzteren die Abgaben, welche jedesmal bei Vornahme gewiss
Handlungen oder bei gewissen Ereignissen zu zahlen sind. Dies
Einteilung ziemlich unklaren und unbestimmten Charakters geho
im wesentlichen der Volkswirtschaftslehre an. Sie greift aber aun
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in das Rechtsleben über. Denn die Gesetzgebung hat sich diee
Unterscheidung wenigstens in der Form bemächtigt, daß sie eind
Steuern, nämlich Grund= und Gebäudesteuer, Einkommensteuer ! „
Gewerbesteuer unter der Bezeichnung direkte, die Zölle, Verbrau 4
steuern und Stempel unter der Bezeichnung indirekte zusamm !
faßtt). Der Charakter der Erbschaftsstener bleibt bei d
Unbestimmtheit des Einteilungsgrundes bestritten. Sofern man !•#
einzelne Steuern unter einem gemeinschaftlichen Namen bezeich —
will, ist gegen den Sprachgebrauch nichts einzuwenden, wobei allen
dings immer gesagt werden muß, welche Steuern in dieser
zusammengefaßt werden sollen, da auch die finanzwissenschaftl
Literatur hierüber keineswegs einer Ansicht ist.
4) Bgl. z. B. Bd. 2, 8107.