l 153 Die Kontingentsherrlichkeit. 19
ordnungen, die nicht zur Ausführung von Reichsgesetzen dienen,
sondern eine selbständige Stellung einnehmen. Bezüglich ihrer ent-
hält die Reichsverfassung sehr widerspruchsvolle Bestimmungen. Sie
erklärt es einerseits in Art. 63 Abs. 3 für die Pflicht und das
Recht des Kaisers, dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb des
deutschen Heeres alle Truppenteile vollzählig und kriegstüchtig
vorhanden sind, und daß Einheit in der Organisation und For-
mation, in Bewaffnung und Kommando, in der Ausbildung der
Mannschaften, sowie in der Qualifikation der Offiziere hergestellt
und erhalten wird. Andererseits sollen aber nach Art. 63 Abs. 5
behufs Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der Administra-
tion, Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung aller Truppen-
teile des deutschen Heeres die bezüglichen künftig ergehenden An-
ordnungen für die preußische Armee den Kommandeuren der übrigen
Kontingente durch den Bundesratsausschuß für das Landheer und
die Festungen zur Nachachtung in geeigneter Weise mitgeteilt
werden. An diese beiden Bestimmungen knüdpft sich die bisher für
den Charakter der Kontingentsherrlichkeit als entscheidend be-
trachtete Streitfrage, ob das Verordnungsrecht auf Grund des
Art. 63 Abs. 3 der Reichsverfassung dem Kaiser, oder ob es auf
Grund des Abs. 5 a. a. O. dem Könige von Preußen als Kon-
tingentsherren und demgemäß auch den anderen Kontingentsherren
zustehts).
Zweifellos ist es, daß die Reichsverfassung auf dem Gebiete
der Armeeverordnungen sachlich eine Einheit nicht nur herstellen,
sondern auch für die Zukunft erhalten wollte. Es fragt sich nur,
vin welcher Weise sie dieses Ziel zu erreichen sucht, ob durch Ueber-
tragung des Armeeverordnungsrechtes auf den Kaiser oder dadurch,
daß sie die einzelnen Kontingentsherren zum Erlasse inhaltlich
Übereinstimmender Verordnungen nötigt. Die Ansicht, daß dem
Kaiser das Verordnungsrecht zustehe, dieser sie aber zunächst nur
für das preußische Kontingent erlasse, während für die Verkündi-
gung an die übrigen Kontingente die Mitwirkung des Bundesrats-
ausschusses einzutreten habeo), ist offenbar nicht haltbar. Ueberall,
.
9 8) Für erstere Ansicht u. a. Brockhaus, G. Moyer, H.
chulze, für letztere Laband.
") So Brockhaus, G. Meyer und H. Schulze.
Vornhyak, Preußisches Staatsrecht. III. 2. Aufl. 4