Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

50 Das Verwaltungsrecht. 8 158 
wo der Kaiser sonst Verordnungen erläßt, ergehen sie unmittelbar 
für das ganze deutsche Heer, und es ist nicht abzusehen, weshalb 
in diesem Falle das eigentümliche Verfahren eingeschlagen werden 
sollte, daß die Verkündigung für das preußische Kontingent durch 
den Kaiser unmittelbar, für die übrigen Kontingente durch den 
Bundesratsausschuß erfolgt. Ergehen Verordnungen verfassungs- 
mäßig für die preußische Armee, so ist daraus in Ermangelung 
einer ausdrücklichen anderweitigen Bestimmung zu entnehmen, daß 
Träger dieses Verordnungsrechtes nicht der Kaiser, sondern der 
König von Preußen ist. Dem entspricht auch die vorgeschriebene 
Mitwirkung des Bundesratsausschusses. Dieser umfaßt die Ver- 
treter aller selbständigen Kontingentsverwaltungen, d. h. der- 
jenigen deutschen Landesherren, welche die Ausübung der ihnen 
nach der Reichsverfassung zustehenden militärischen Befugnisse be- 
halten haben. Sollen also die preußischen Verordnungen den Kom- 
mandeuren der anderen Kontingente durch den Bundesratsausschuß 
in geeigneter Weise mitgeteilt werden, so ist damit eine Mitteilung 
an die Kommandeure durch die Landesherren vorgeschrieben. Die 
Reichsverfassung erzielt also die inhaltliche Uebereinstimmung sämt- 
licher Armeeverordnungen der verschiedenen Kontingente dadurch, 
daß sie ein selbständiges Verordnungsrecht nur dem Könige von 
Preußen als Kontingentsherren der preußischen Armec einräumt, 
die anderen Kontigentsherren aber nötigt, inhaltlich über- 
einstimmende Verordnungen für ihre Kontingente zu erlassen. Bei 
der Personengleichheit des deutschen Kaisers und des Königs von 
Preußen kann durch dieses preußische Verordnungsrecht das kaiser- 
liche Recht der Fürsorge für die einheitliche Organisation der 
Armee zur Geltung gebracht werden. Sachlich hat also ein selb- 
ständiges Armeeverordnungsrecht lediglich der König von Preußen, 
formell steht es auch den anderen Kontingentsherren zu, sie sind 
jedoch inhaltlich an die vom Könige von Preußen erlassenen 
Armeeverordnungen gebunden. Dieser Auffassung entspricht auch 
die Praxis in denjenigen Staaten, die, abgesehen von Bayern, noch 
eine selbständige Kontingentsverwaltung haben. Die betreffenden 
Verordnungen werden nämlich in Sachsen und Württemberg von 
dem Könige unter Gegenzeichnung des Kriegsministers erlassen und 
im Armeeverordnungsblatte verkündet. In Preußen ergehen sie 
nicht, wie dies für kaiserliche Verordnungen notwendig sein würde,
	        
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