Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8214 Das Wesen des Etats. 597 
Staatsrechts beruht oder sich mit ihm in Uebereinstimmung be— 
findet, mag hier dahingestellt bleiben, ist jedenfalls gleichgültig, 
da,die Anschauung selbst die unbedingt herrschende war. Auf dem 
Festlande mußte diese Auffassung besonders um deswillen Anklang. 
finden, weil sie an alte, eingewurzelte Vorstellungen anknüdfte. 
War doch das Steuerbewilligungsrecht der Mittelpunkt der. 
ständischen Machtstellung gegenüber dem Absolutismus gewesen, 
und hatten doch die Stände, soweit sie überhaupt fortbestanden, 
sich auch ihr Steuerbewilligungsrecht erhalten. Mit dem Ver— 
langen nach Wiederherstellung ständischer oder repräsentativer Ver- 
tretungen verknüpfte sich daher unwillkürlich der Gedanke, daß 
diesen Vertretungen das Steuerbewilligungsrecht zustehen müsse. 
Bei den Versuchen vorzüglich der preußischen Bevollmächtigten, 
auf den Wiener Kongresse durch die Bundesakte ein Mindestmaß 
landständischer Rechte für alle deutschen Staaten zu gewährleisten, 
spielte daher das Steuerbewilligungsrecht eine bedeutende Rolle. 
Allerdings kamen bei der nunmehr ins Leben gerufenen neu- 
ständischen Gesetzgzebung des preußischen Staates die finanziellen 
Befugnisse der neuen Stände nicht zu besonderer Geltung. Aber 
es war doch nur ein Nachklang altständischer und gleichzeitig eine 
Einwirkung modern konstitutioneller Auffassung, wenn das Patent 
vom 3. Februar 1847 im Gegensatze zu der Jahrhunderte alten 
Entwicklung des preußischen Staatsrechts die Finanzgesetze anders 
behandelte als die übrigen Gesetze. Während sonst dem Ver- 
einigten Landtage bei der Gesetzgebung nur eine beratende Stimme 
eingeräumt war, wurde hinsichtlich der Einführung neuer oder 
der Erhöhung bestehender Steuern seine Zustimmung für not- 
wendig erklärt. 
Um von den wechselnden Phasen der einzelnen französischen 
Verfassungen abzusehen), hatte diese konstitutionelle Auffassung 
ihren klarsten Ausdruck gefunden in dem Vorbilde der preußischen 
Verfassungsurkunde, der belgischen Verfassung). Hiernach werden 
1) Vgl. darüber Jellinek a. a. O. S. 146 ff. 
) Constitution belge art. 111: „Les impöts au profit de I’Etat sont 
Vots unnuellement. Les lois qul les établissent wont de force que nour 
u an, si elles ne sont renouvelées.“ art. 115: „Chaque annee, les chambfes 
reotent la loi des comptes et votent le budget. Toutes les reccttes et de- 
Penses de IEtat doivent etre portées au budget et dans les comptes.
	        
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