Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8214 Das Wesen des Etats. 601 
deren Veranschlagung im voraus. Dies entspricht vollkommen 
dem vor Erlaß der Verfassungsurkunde geltenden Budgetrechte. 
Die Staatseinnahmen haben in Preußen niemals ihre rechtliche 
Grundlage in dem Etat gefunden. Hinsichtlich der Einnahmen. hatte 
der Etat eine vorwiegend finanzpclitische Bedeutung, er bildete 
auch in untergeordneter Weise ein Hilfsmittel der Rechnungs- 
kontrolle. Dagegen wurden die Einnahmen, mochten sie steuer- 
artiger Natur sein oder nicht, niemals auf Grund des Etats, 
sondern auf Grund der verschiedensten Rechtstitel erhoben, welche 
mit dem Etat selbst durchaus nichts zu tun hatten. Wollte die 
Verfassungsurkunde diesen bisherigen Zustand abändern, und den 
tat in der einen oder der anderen Beziehung zur rechtlichen 
Grundlage der Staatseinnahmen machen, so hätte es zum mindesten 
einer das bisherige Recht abändernden Bestimmung bedurft. Eine 
solche fehlt jedoch nicht nur, sondern die Verfassungsurkunde 
charakterisiert auch ausdrücklich den Etat als Voranschlag der 
Einnahmen, was durchaus dem früheren Rechtszustande entspricht. 
Dazu kommt, daß auch abgesehen davon die Verfassungsurkunde 
das bisherige Recht bestätigt, indem sie die Steuererhebung für 
Tnabhängig von dem Etat erklärt. Gleichwohl unterliegt die recht- 
liche Natur des Einnahmeetats den verschiedensten Streitfragen, 
die allerdings im allgemeinen jetzt für überwunden gelten können. 
Was die Steuereinnahmen anbetrifft, so enthält Art. 100 
der Verfassungsurkunde die ausdrückliche Bestimmung, daß Steuern 
und Abgaben nur erhoben werden dürfen, soweit sie in den Staats- 
haushaltsetat aufgenommen oder durch besondere Gesetze ange- 
ordnet sind, und Art. 109 stellt die zur Zeit des Erlasses der 
Verfassungsurkunde bestehenden den auf Gesetz beruhenden Steuern 
gleich. Hieraus ergibt sich, daß allerdings eine Steuer nur auf 
Grund eines Gesetzes zur Hebung gelangen kann. Besteht aber 
einmal ein solches Steuergesetz, so kommt es nicht darauf an, ob 
die Steuer als Einnahme in den Etat gestellt ist. Auch wenn 
die nicht der Fall sein sollte, kann die Steuer mit Recht erhoben 
werden. Die Steuereinnahmen des Staates beruhen also nicht auf 
dem Etat, sondern auf besouderen Steuergesetzen. 
Es- lnu freilich zum Gleichgewichte der Einnahmen und 
usgaben die Einführung einer bloß vorübergehenden Steuer 
oder Steuererhöhung erforderlich sein. Eine solche darf nar ein—
	        
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