602 Das Verwaltungsrecht. 8214
geführt werden durch Gesetz. Nun wird aber der Staatshaus-
haltsetat selbst durch Gesetz festgestellt. Es erscheint daher für
einen solchen Fall nichts natürlicher, als beide periodische Ge-
setze mit einander zu verbinden und die Steuer gleich in dem
Etatsgesetze einzuführen. Dies ist die Bedeutung der Bestimmung,
daß Steuern, auch ohne durch besondere Gesetze angecordnet zu
sein, erhoben werden können, soweit sie in den Staatshaushalts-
etat ausgenommen sind. Der preußischen Staatspraxis entspricht
die Einführung vorübergehender Steuern durch das Etatsgesetz
jedenfalls nicht, sondern sämtliche Abgaben haben stets auf be-
sonderen Steuergesetzen beruht. Die Einstellung der zesetzlich be-
stehenden Steuern in dem Etat ist also eine für die Rechtsgültig-
keit der Erhebung der Abgaben gleichgültige Tatsache.
Gleichwohl hat man versucht, dem Steneretat juristische Be-
deutung beizumessen und diesem Bestandteile des Etats den
Charakter von Rechtsnormen zuzuschreiben. Der Versuch ist von
zwei verschiedenen Richtungen aus unternommen worden. Man
behauptet einmal, die Steuergesetze enthielten nur die allgemeinen
Grundsätze der Besteuerung, zur Einnahme der Steuern bedürfe
es immer einer besonderen Ermächtigung durch das Etatsgesetz.
Das heißt mit anderen Worten: Gewisse Gesetze dürfen nur
ausgeführt werden, wenn ein besonderes Gesetz die Ausführung
anbefiehlt. Es ist anzuerkennen, daß ein solches Rechtsverhältnis,
wenn auch äußerst selten, praktisch vorkommen kanne). Es ist
doch aber immerhin eine juristische und politische Seltsamkeit und
es würde zum mindesten einer ausdrücklichen gesetzlichen Be—
stimmung in dem ersten Gesetze, für diesen Fall in den Steuer—
gesetzen bedürfen. Dies ist aber nicht nur nicht der Fall, die
Stenergesetze treffen in der Regel auch eine ausdrückliche Be-
stimmung im enutgegengesetzten Sinne, indem sie eine positive
Vorschrift über den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens enthalten. Unter
diesen Umständen annehmen zu wollen, die Steuern dürften
nur auf Grund des Etatsgesetzes erhoben werden, wäre ein un-
lösbarer Widerspruch mit dem bestehenden Rechte. Andererseits
hat man ausgeführt, die Stenergesetze begründeten nur eine
5) Zorn a. a. O.
0) Ein derartiges Beispiel aus der bayerischen Gesetzgebung l(.
Seyhdel, Bayr. St. Bd. 2, S. 411.
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