Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

608 Das Verwaltungsrecht. 821 4 
lage der Ausgaben erklärte. Zu demselben Ergebnisse gelangt 
man, wenn man von der Ansicht ausgeht, welche den Etat für 
eine notwendige Vollmacht (v. Rönne, Arndt) oder für eine 
rechtliche Voraussetzung (Seidler) der Verwaltung erklärt. Auch 
hier würde ein einziger Faktor der Gesetzgebung die Durchführung 
der bestehenden Rechtsordnung verhindern können, indem er die 
Vollmacht oder die rechtliche Voraussetzung zur Durchführung 
entzieht. Unwillkürlich drängen sich dabei aber noch oie Fragen 
auf: Wo steht das geschrieben? und Wozu bedarf es außer den 
allgemeinen Zuständigkeitsbestimmungen noch einer alljährlich zu 
erneuernden Vollmacht der Behörden, damit diese die Gesetze aus- 
führen können. 
Indem die Verfassungsurkunde die Bedeutung der Ausgaben- 
veranschlagung nicht weiter bezeichnet, erhält sie einfach den bis- 
herigen Rechtszustand in dieser Beziehung aufrecht. Dieser ist 
aber enthalten in dem bereits erwähnten § 26 der Instruktion 
der Oberrechnungskammer vom 16. Dezember 1824. Der Aus- 
gabectat hat hiernach den Charakter einer Anweisung an die 
Behörden über die zulässige Höhe der Ausgaben. Jede ungerecht- 
fertigte Etatsüberschreitung ist dagegen nicht nichtig, ondern bloß 
zum Defekte zu stellen. Diesen Charakter hat der Ausgabeetat 
noch heute. Er bildet nicht die rechtliche Grundlage der Staats- 
ausgaben überhaupt, sondern nur eine Anweisung an die Staats- 
organc, welche Ausgaben und in welcher Höhe sie solche leisten 
dürfen. Diese Anweisung enthält somit Vorschriften, welche sich 
lediglich innerhalb des Behördenorganismus halten, aber das Ver- 
hältnis der Staatsangehörigen zum Staate vollkommen unbe- 
rührt lassen. 
Bei dieser Auffassung des Ausgabeetats ist nun sreilich ein 
Widerspruch zwischen der bestehenden Rechtsordnung und dem 
Etat nicht unmöglich. Es kann der Staat zu gewissen Ausgaben 
auf Grund der bestehenden Rechtsordnung verpflichtet sein, der 
Etat aber gleichwohl die Ausgabe nicht enthalten. Zwar kann der 
Staat jeden Augenblick die bestehende Rechtsordnung allgemein 
oder für den einzelnen Fall in den gehörigen Formen, regel- 
mäßig in der des Gesetzes, abändern, und der Etat ist ein Gesek. 
Unmöglich erscheint es also nicht, daß eine zu Recht bestehende Ver- 
pflichtung des Staates durch das Etatsgesetz vernichtet, daß eine
	        
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