d216 Das Nichtzustandekommen des Etats. 613
handen ist, eine Anweisung an die Behörden, welche Ausgaben sie
leisten dürfen oder müssen. Die Keßen den rechtsbeständigen Aus-
gabenetat von einer Behörde eingegangene Verbindlichkeit oder.
geleistete Zahlung ist zwar nicht nichtig, kann aber die Haftbar-
keit der betreffenden Staatsorgane zur Folge haben.
§ 215. Das Nichtzustandekommen des Etats.
Der Staatshaushaltsetat wird nach Art. 99 der Verfassungs-
urkunde jährlich durch ein Gesetz festgestellt. Da der Etat eine
Veranschlagung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben im Voraus
ist, so muß das Etatsgesetz vor dem Beginne des betreffenden
Etatsjahres ergehen. Kommt der Etat nicht bis dahin oder über-
haupt nicht zustande, so besteht unzweifelhaft ein verfassungs-
widriger Zustand. Die Möglichkeit dieser Verfassungswidrigkeit
ist durch die Verfassungsurkunde selbst gegeben. Sie gebietet zwar
die jährliche Aufstellung des Etats, wählt aber dazu den Weg
er Gesetzgebung, bei der König wie Volksvertretung die volle
Freiheit der Entschließung haben. Es besteht also ein Wider-
spruch zwischen dem Verfassungsgebote und der verfassungsmäßig
anerkannten Freiheit der Entschließung für König und Landtag.
Die Verfassungswidrigkeit kann eine verschuldete sein, wenn z. B.
as Ministerium den Entwurf nicht rechtzeitig vorbereitet, oder
wenn die Volksvertretung die Beratung ungebührlich verzögert,
sie kann aber auch aus der Natur der Verhältnisse ohne jegliches
Verschulden erwachsen. Jedes Gesetz erfordert die Uebereinstimmung
bes Königs und beider Häuser des Landtages, auch bei dem Etats-
gesetze kann kein Faktor zu seiner Zustimmung gezwungen werden.
Ist die Willensübereinstimmung nicht zu erreichen, so kommt eben
das Etatsgesetz gar nicht oder nicht rechtzeitig zustande.
Die Frage ist also unabweisbar: Was hat in diesem Falle
zu geschehen? Theoretisch wie praktisch hat man ihre Lösung
bielfach versucht.
Wenn man von den vereinzelten Stimmen absieht, welche
verlangen, die Ansicht des Abgeordnetenhauses müsse als die
entscheidende betrachtet werden, der König habe bei einem Zwie-
palte das Abgeordnetenhaus aufzulösen oder das Ministerium
zu wechseln, im Herrenhause einen Pairsschub vorzunehmen, usw.
(. Rönne), so lassen sich in der Literatur über das Budgetrecht