Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8217 Das Staatsschuldenwesen. 629 
welche hiervon Gebrauch machen, als namrentlich bestimmte 
Gläubiger an die Stelle der bisherigen jeweiligen Inhaber, und 
das Inhaberpapier selbst wird kraftlos. 
Neben dieser für eine längere Zeit eingegangenen Staats- 
schuld, welche man gewöhnlich als fundierte Schuld bezeichnet, 
gibt es noch eine sogenannte schwebende Schuld. Sie entsteht 
dadurch, daß im Laufe des Etatsjahres die zur Deckung der 
etatsmäßigen Ausgaben dienenden Einnahmen nicht in dem Augen- 
blicke eingehen, in dem die Ausgabe gemacht werden muß., Zuerst 
durch Gesetz vom 28. September 18666) ist daher der Finanz- 
minister ermächtigt worden, zur vorläufigen Deckung des Be- 
dürfnisses verzinsliche Schatzscheine mit kurzer Umlaufsfrist in 
bestimmter Höhe nach dem Vorbilde der englischen Exchequer-Bills 
auszugeben. In den Etatsgesetzen seit 1868 ist diese Ermächtigung 
regelmäßig wiederholt unter Verweisung auf das Gesetz vom 
28. September 1866, indem die Höhe der Schatzanweisungen und 
die Verfallzeit gesetzlich bestimmt wird. 
Die Garantien des Staates umfassen Bürgschaften desselben 
für fremde Schuldverbindlichkeiten. Namentlich sind solche Garan- 
lien geleistet worden für Zinsen und Dividenden, welche Eisen- 
bahngesellschaften ihren Gläubigern und Aktionären zu leisten 
dersprochen hatten. Der Umfang der geleisteten Bürgschaft richtet 
ich nach der in dem Garantiegesetze enthaltenen Ermächtigung, 
welches gleichzeitig das Sonderrecht für den einzelnen Bürg- 
schaftsvertrag bildet. 
Da die Anleihen und Garantien ihrem Inhalte nach Dar- 
lehns= und Bürgschaftsverträge sind, welche sich grundsätzlich von 
#anderen derartigen Verträgen nur dadurch unterscheiden, daß auf 
der einen Seite als Vertragschließender der Staat steht, so würde 
an und für sich über Rechtsstreitigkeiten aus diesen Verhältnissen 
hwischen dem Staate und seinen Gegenvertragsteilen der ordent- 
liche Rechtsweg nach den allgemeinen Grundsätzen des vreußischen 
Staatsrechts zulässig sein. Nun hat aber die Deklaration vom 
9. August 1823:) den Rechtsweg über die verbriefte Staatsschuld 
und die Kabinettsordre vom 4. Februar 18238) über Ansprüche 
6) GS. 1866, S. 607. 1) Ge. 1823, S. 166. 
" ) Mitgeteilt bei Oppenhoff, Ressortverhältnisse, 2. Aufl., Berlin 
1904, S. 800.
	        
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