Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

60 Das Verwaltungsrecht. § 155 
namentlich nicht den ständischen Gerichten unterwerfen. Hand in 
Hand mit der Ausbildung der stehenden Heere geht daher die einer 
besonderen Militärgerichtsbarkeit sowohl in Civil= wie in Straf- 
sachen. Sie erstreckte sich aber nicht nur über die Militärpersonen 
selbst, sondern auch über ihre Ehefrauen, Kinder und Gesinde. 
Nur in dinglichen Rechtsstreitigkeiten als Grundbesitzer blieben 
sie den ordentlichen Gerichten unterworfen. Zur Ausübung dieser 
Gerichtsbarkeit gab es in Preußen Gouvernements= und Regiments 
gerichte, bestehend aus dem Gouverneur oder Regimentskommandeur 
und einem rechtsgelehrten Auditeur, der den Kommandeur bei 
Abfassung des Urteils zu beraten hatte, ein Kriegskonsistorium 
als Ehegericht und endlich ein Generalauditoriat als höchstes 
Militärgericht für den ganzen Staat. 
Mit Durchführung der militärischen Reformen nach dem 
Tilsiter Frieden erschien diese ausgedehnte Militärgerichtsbarkeit 
nicht mehr erforderlich. Durch die Kabinettsordre vom 19. Juli 
18091) wurde daher der Militärgerichtsstand in allen Angelegen- 
heiten der bürgerlichen Gerichtsbarkeit, sowie in Chescheidungs-, 
Verlöbnisangelegenheiten und in Unterhaltssachen unehelicher 
Kinder aufgehoben und nur noch beibehalten in Angelegenheiten 
der Strafgerichtsbarkeit und in Beleidigungssachen aller im Dienste 
befindlichen Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, desgleichen 
wirklicher Militärpersonen, die nicht Offiziere, Unteroffiziere oder 
Soldaten sind, sowie der inaktiven und pensionierten Offiziere. 
Mit dieser Beschränkung der Militärgerichtsbarkeit ergab sich die 
Notwendigkeit einer anderweiten Organisation der Militärgerichte, 
welche durch das Regulativ vom 21. Januar 18122) erfolgte. Er- 
halten blieben die Gouvernements= und Kommandanturgerichte der 
Festungen. An die Stelle der übrigen Militärgerichte traten aber 
Brigadegerichte, die demnächst durch Divisions= und Korpsgerichte 
ersetzt wurden. Das Generalauditoriat behielt im wesentlichen 
seine bisherige Stellung, dagegen wurde das Kriegskonsistorium 
als nunmehr überflüssig aufgehoben. 
An die Stelle der bisherigen Bestimmungen trat dann das 
1) N. C. C. XII. p. 847, Nr. 86. 
2) MGS. S. Dlff. Ihr vorhergegangen war die Instruktion für 
die Militärgerichte vom 15. September 1809 — GS. 1806—10, S. 581 —.
	        
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