8 166 Das Militärjustizwesen. 61
Strafgesetzbuch für das Heer vom 3. April 18468) und die Militär—
strafgerichtsordnung von demselben Tage"). Ersteres wurde ersetzt
durch das Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni
18725), letztere durch die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. De-
zember 1898e).
Es bestimmt sich hiernach zunächst der Umfang der Militär-
gerichtsbarkeit in persönlicher und sachlicher Beziehung. Der
Militärgerichtsbarkeit sind unterworfen alle, auch die vor dem
Diensteintritte begangenen Straftaten der Militärpersonen des
aktiven Heeres und der Flotte, sowie der zur Disposition ge-
stellten Offiziere und Sanitätsoffiziere. Für die Personen des
Beurlaubtenstandes erstreckt sie sich nur auf einzelne, mit dem
militärischen Dienstverhältnisse zusammenhängende Handlungen, für
die Offiziere außerdem auf die Herausforderung zum Zweikampfe.
Nur mit Geldstrafe und Einziehung bedrohte Zuwiderhandlungen
in Finanz-, Polizei-, Jagd= und Fischereisachen verbleiben den
bürgerlichen Behörden.
Die Gerichtsbarkeit zerfällt in die niedere für Uebertretungen
und die nur mit Arrest bedrohten militärischen Vergehen der nicht
im Offizierrange stehenden Personen und in die höhere für alle
übrigen Straftaten und wird von den Gerichtsherren und den
erkennenden Gerichten ausgeübt. Gerichtsherren sind die zu-
ständigen Befehlshaber (Regimentskommandeure und Kom-
mandanten kleiner Festungen für die niedere, Divisionskomman-
deure und Kommandanten größerer Festungen für die höhere Ge-
richtsbarkeit und kommandierende Generale in der Rechtsbeschwerde-
und Berufungsinstanz). Der Gerichtsherr ist das betreibende Organ
in allen Stadien des Verfahrens, er entwickelt eine Wirksamkeit
auf dem Gebiete der Strafverfolgung, des Ermittelungsverfahrens
und der Strafvollstreckung. Seine Organe, insbesondere für die
Führung der Untersuchung und die Vertretung der Anklage sind
in der niederen Gerichtsbarkeit Gerichtsoffiziere, in der höheren
richterliche Militärjustizbeamte. Die erkennenden Militärgerichte
genießen richterliche Unabhängigkeit auch gegenüber den Gerichts-
herren. Es gibt mit drei Offizieren besetzte Standgerichte für die
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8) GS. 1846, S. 287ff. ) A. a. O. S. 329.
6) NGBl. 1872, S. 174. 0) RGl. 1898, S. 1198.