Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8220 Der Staat und die evangelische Kirche. 607 
des Polizeipräsidenten, daß die entworfene Bestimmung den staats- 
gesetzlich genehmigten Vorschriften nicht zuwider sei (Art 5 des 
Ges. vom 25. Mai 1874, Art. 4 des Gesetzes vom 3. Juni 1870). 
Die kirchliche Verwaltungsorganisation ist gegenwärtig von 
der staatlichen durchaus getrennt. Eine Aenderung in dem kirch- 
lichen Verwaltungsorganismus, die an sich in den kirchen- 
verfassungsmäßigen Formen erfolgen kann, bedarf jedoch von drei 
Gesichtspunkten aus der staatlichen Mitwirkung, einmal dann, 
wenn eine Berührung der kirchlichen Gemeinschaft mit dem Staate 
stattfindet, ferner dann, wenn die kirchliche Verwaltungsorgani- 
sation auf staatlichen Rechtsnormen beruht, und endlich auf Grund 
besonderer gesetzlichen Vorschriften. 
Von dem Gesichtspunkte aus, daß da, wo eine Berührung der 
kirchlichen Gemeinschaft mit dem Staate stattfinde, wie bei der 
Vertretung der Gemeinden nach außen, der Vermögensverwaltung, 
dem Patronate, dem Besteuerungsrechte, die kirchliche Ordnung der 
staatsgesetzlichen Genehmigung bedürfe, hatte man schon in den 
Jahren 1874 und 1876 die neuen Kirchenordnungen dem Land- 
tage vorgelegt. Das Gesetz vom 25. Mai 1874 und vasjenige 
vom 3. Juni 1876 bestimmen daher, daß die nach Maßgabe der 
kirchlichen Ordnungen gebildeten kirchlichen Organe die ihnen da- 
durch in den oben erwähnten Punkten beigelegten Obliegenheiten 
ausüben sollen (Art. 1—4, 8 des Ges. vom 25. Mai 1874, Art. 1 ff. 
des Ges. vom 3. Juni 1876). Eine Aenderung der kirchlichen 
Zuständigkeiten in den staatsgesetzlich genehmigten Punkten wird 
daher stets einer erneuten Genehmigung durch Staatsgesetz 
bedürfen. 
Bis zum Erlasse der Verfassungsurkunde beruhte die kirchliche 
Organisation lediglich auf staatlichen Gesetzen und Verordnungen. 
Da die Kirche niemals staatliche Anordnungen ganz oder teilweise 
aufheben kann, so ist eine Aenderung der in jener Zeit geschaffenen 
Organisation nur möglich, wenn der Staat die Aenderung des 
von ihm gesetzten Rechtes genehmigt oder es auhhebt. 
Nach diesen Grundsätzen kann auch eine Aenderung in der 
Organisation der Behörden, welche das landesherrliche Kirchen- 
regiment ausüben, nur erfolgen, wenn eine staatliche Verordnung 
sie genehmigt. Nach einer besonderen gesetzlichen Vorschrift ge- 
nügt dies aber nicht, falls eine Aenderung der kollegialen Ver-
	        
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