6#220 Der Staat und die evangelische Kirche. 669
präsidentenn), vorbehält. Hierher gehören 1. Die Anordnung und
Vollstreckung der zur Aufrechterhaltung der äußerlichen kirchlichen
Ordnung erforderlichen polizeilichen Vorschriften; 2. die Regelung
der streitigen Kirchen-, Pfarr= und Küsterbausachen; 3. die Bei-
treibung kirchlicher Abgaben; 4. die Leitung der Kirchenbuch-
führung, soweit die Kirchenbücher noch zur Beurkundung des
Personenstandes dienen; 5. die Ausstellung von Bescheinigungen
über das Vorhandensein derjenigen Tatsachen, welche den Anspruch
auf Kostenfreiheit begründen; 6. die Mitwirkung bei der Ver-
änderung bestehender, sowie bei der Bildung neuer Pfarrbezirke;
7. die Mitwirkung bei der Besetzung kirchenregimentlicher Aemter
und bei der Anordnung ihrer kommissarischen Verwaltung. Ins-
besondere hat die Anstellung der Mitglieder der kirchenregiment-
lichen Behörden unter Gegenzeichnung des Kultusministers zu
erfolgen (Art. 21, 23 des Ges. vom 3. Juni 1876.).
In anderen Fällen bedürfen die Beschlüsse der kirchlichen
Organe zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der staatlichen Auf-
sichtsbehörde, nämlich 1. bei dem Erwerbe, der Veräußerung oder
der dinglichen Belastung von Grundeigentum; 2. bei der Ver-
äußerung von Gegenständen, welche einen geschichtlichen, wissen-
schaftlichen oder Kunstwert haben; 3. bei Anleihen, soweit sie
nicht bloß zu vorübergehender Aushilse dienen und aus der laufen-
den Einnahme derselben Voranschlagsperiode gedeckt werden können;
4. bei der Einführung oder Veränderung von Gebührentaxen; 5.
bei der Errichtung neuer, für den Gottesdienst, die Geistlichen
oder andere Kirchendiener bestimmter Gebäude; 6. bei der An-
legung oder veränderten Benutzung von Begräbnisplätzen; 7. bei
der Ausschreibung, Veranstaltung oder Abhaltung von Samm-
lungen außerhalb der Kirchengebäude; 8. bei einer Verwendung
des kirchlichen Vermögens zu anderen als den bestimmungsmäßigen
Zwecken mit Ausnahme von Bewilligungen an andere Gemeinden
oder zur Unterstützung evangelischer Vereine und Anstalten, so-
fern sie einzeln zwei Prozent und im Gesamtbetrage eines Etats-
jahres fünf Prozent der Solleinnahme nicht übersteigen. Die
Staatsbehörde ist berechtigt, von der kirchlichen Vermögensverwal-
tung Einsicht zu nehmen, zu diesem Zwecke die Etats und Rech-
15) V vom 27. Juni 1845 — GS. 1845, S. 440 — 98 3 ff.; V.
dom 5. September 1877 — GS. 1877, S. 215 —.