Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8221 Der Staat und die katholische Kirche. 685 
Behörde unmittelbar die Vermögensverwaltung zusteht, natur- 
gemäß die Mitwirkung der kirchlichen und staatlichen Organe 
bei der Beaufsichtigung fort, und sie wird nur durch die letzteren 
gehandhabt. Die Bestimmung der Aufsichtsorgane des Staates 
war einer königlichen Verordnung vorbehalten. Diese, ergangen 
am 29. September 1876i8), erklärt in einigen wichtigeren Fällen, 
in denen die kirchlichen Verwaltungsakte der staatlichen Ge- 
nehmigung bedürfen, den Kultusminister, zum Teil unter Mit- 
wirkung des Ministers des Innern und des Finanzministers, 
zur Prüfung gewisser Etats die Oberrechnungskammer, im übrigen 
den Oberpräsidenten für zuständig. 
Die bischöfliche Behörde kann für Diözesanhilfsfonds zu Bei- 
hilfen an neu zu errichtende Pfarrgemeinden zwei vom Hundert 
der Staatseinkommensteuer und ferner für kirchliche Diözesan- 
bedürfnisse bis zu fünf vom Hundert erheben0). 
In das Ordenswesen der katholischen Kirche hatte die Reichs- 
gesetzgebung auf Grund der dem Reiche bezüglich des Vereins= und 
Versammlungsrechtes beigelegten Zuständigkeit durch das Jesuiten- 
gesetz eingegriffenet). Viel weiter ging aber die preußische Landes- 
gesetzgebung mit dem Gesetze vom 31. Mai 1875 betreffend die 
geistlichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen der katho- 
lischen Kirche2), welches durch die Revisionsnovellen von 1886 
und 1887 verschiedene Milderungen erfahren hat, ohne daß jedoch 
das grundlegende juristische Prinzip ein anderes geworden wäre. 
Grundsätzlich sind alle Orden und ordensähnlichen Kongrega- 
tionen der katholischen Kirche vom Gebiete der preußischen Monarchie 
ausgeschlossen, die Errichtung von Niederlassungen ist untersagt, 
die 1876 bestehenden Niederlassungen durften keine neuen Mit- 
glieder mehr aufnehmen und unterlagen der Auflösung innerhalb 
bestimmter Frist. Das Fortbestehen einzelner Orden ist Aus- 
nahme von der Regel. Das Gesetz vom 31. Mai 1875 kannte 
19) GS. 1876, S. 401. 
20) Ges. vom 29. Mai 1903, 21. Mai 1906 und 26. Mai 1909 — 
GS. 1903, S. 182; 1906, S. 105; 1909, S. 343 —. 
21) Vgl. 8 169. 
22) GS. 1875, S. 217. Einführung in Lauenburg durch Gesetz vom 
* Februar 1878 — GS. 1878, S. 100 —. Vgl. dazu Giese, Das 
katholische Ordenswesen nach dem preußischen Staatskirchenrecht in Hirths. 
Annalen 1908, S. 161 ff., 278 ff., 339 ff. 
 
	        
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