7223 Staat, Kirche und Schule in geschichtlicher Entwicklung. 695
brandenburgische Schulwesen des 16. Jahrhunderts hat daher den
Charalter einer Staatsanstalt, aber doch nur um deswillen, weil die
Kirche rechtlich nur Staatsanstalt ist.
Während des ganzen 17. Jahrhunderts blieb dieser Charakter
des Schulwesens unverändert. Die Tatsache, daß der Landesherr
die Gesetzgebung in Glaubenssachen aufgab, und nunmehr ver—
schiedene Bekenntnisse innerhalb des Staates gleichberechtigt waren,
übte auf das Schulwesen keinen weiteren Einfluß aus, als daß
nunmehr die Schulen der verschiedenen berechtigten Bekenntuisse
nebeneinander bestanden. Der Friede von Osnabrück, Art. V
§ 31 erkennt die Schule ausdrücklich als Zubehör der Kirche an
und bestimmt auch für sie den konfessionellen Besitzstand nach dem
Normaljahre. Das Landesrecht befindet sich damit in voller Ueber-
einstimmung. Noch die gegen Ende dieses Zeitabschnittes in
Brandenburg-Preußen erlassenen Kirchenordnungen regeln daher
auch gleichzeitig das Schulwesen. Insbesondere geschieht dies durch
die kleve-märkischen Kirchenordnungen, die reformierte von 1662
und die lutherische von 16874), sowie noch zuletzt durch die für
das ganze Staatsgebiet mit Ausnahme von Kleve-Mark und
Ravensberg erlassene reformierte Inspektions-, Presbyterial-,
Klassikal-, Gymnasien= und Schulordnung vom 24. Oktober 17135).
Man hat dieses Schulwesen, welches nur einen Anhang der
Kirche bildet, bezeichnet als kirchliches oder konfessionellese) und
als seine Kennzeichen folgende vier angegeben: 1. Hauptgegenstand,
in der Volksschule möglicherweise einzigen Gegenstand des Unter-
richts bildet die Religion; 2. alle anderen Lehrgegenstände müssen.
untergeordnet bleiben den höchsten Religionswahrheiten, durch-
drungen vom kirchlichen Geiste, untergeordnet dem Erziehungs-
wwecke der kirchlichen Lehre; 3. das Lehrpersonal muß einer cinzigen
Konfession angehören, da die Anstalt selbst kirchliches Institut
4) Scotti, Kleve-märkische Gesetzsammlung Bd. 1, S. 391, Nr. 273;
S. 595, Nr. 397.
5) Mylius, C. C. M. I, 1, S. 447.
6) Letzterer Ausdruck ist als zweideutig nicht zu empfehlen. Denn
lonfsessionell bezeichnet auch den Gegensatz von konfessionslos, und durch
die Identifizierung von konfessionell und kirchlich wird der Anschein erweckt,
als ob der staatliche Charakter der Schule deren konfessionellen Charakter
ausschlösse, als ob die Staatsschule konsessionslos sein müßte.