Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8223 Staat, Kirche und Schule in geschichtlicher Entwicklung. 697 
wendig wüßten. Nur mit begabteren Kindern durfte etwas 
Schreiben und Rechnen getrieben werden. 
Weiterhin wurde die Schulausstattung selbständig begründet 
und von der kirchlichen getrennt. Besonders geschah dies durch 
die Principia regulativa vom 30. Juli 173610) und die Ver— 
ordnung vom 2. Januar 1738 für die Kur= und Neumarkug). 
Die neue Ausstattung wird zum Teil dadurch geschaffen, daß die 
politische Gemeinde als solche, auch die Landgemeinde, zu den 
Schullasten herangezogen wird, teilweise durch Leistungen des 
Staates, der Kirche, des Patrons, das Schulgeld usw. Dadurch 
wird die Gemeinde als solche zum ersten Male eine selbständige 
Trägerin der Schulorganisation, ohne daß dadurch die Schule eine 
Kommunalanstalt wurde. 
Schulgesetzgebung und Schulausstattung sondern sich also von 
der kirchlichen, während in dem Verwaltungsorganismus von Orts- 
und Kreisschulinspektion bis zum Ministerium die Verbindung noch 
erhalten bleibt. Als die Grundlage dieses neuen, von Friedrich 
Wilhelm I. im Gegensatze zur kirchlichen Schule begründeten 
Systems hat man bezeichnet: 1. den gesetzlichen Schulzwang, 2. die 
Parität der anerkannten Kirchen, welche nicht mehr gestattet, den 
anderen Teil von der Wohlfahrt des öffentlichen Unterrichts aus- 
zuschließen, und 3. den Grundsatz der Unterhaltung des Schul- 
wesens von unten herauf als gemeine Lasti2). Der Schulzwang 
soll das Entscheidende sein, weil es der Gesetzgeber ist, nicht mehr 
die kirchliche Obrigkeit, die den Zwang ausspricht. Allein da in 
den protestantischen Gebieten die Kirche als selbständige Rechts- 
anstalt nicht mehr bestand, gingen auch schon vorher alle Kirche 
und Schule betreffenden Ordnungen von der staatlichen Gesetz- 
gebung aus. Die Parität der anerkannten Konfessionen lann als 
neuer selbständiger Grundsatz nicht gelten, da die Parität der 
Kirchen schon seit Johann Sigismund besteht, und die Anwendung 
auf das Schulwesen, wonach kein Teil von den öffentlichen Schulen 
des anderen ausgeschlossen werden kann, nur eine Folge der 
allgemeinen Schulpflicht ist. Der dritte Grundsatz ist allerdings 
— 
  
10) Muüller, Preuß. Schulgesetzgebung, Berlin 1854, Anhang. 
11) Mylius, C. C. M. Contin. I, 2 Nr. 4. 
12) Gueist, Konfessionelle Schule S. 18. Wort für Wort über- 
nommen von v. Rönne in der 3. Aufl. seines Pr. StR. Bd. Ib, S. 719 ff.
	        
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