2 Das Verwaltungsrecht. 8119
Entscheidung über Krieg und Frieden durch ihre bundesmäßigen
Verpflichtungen nicht behindert seien. Dieses Verhältnis des Bundes
und der Bundesstaaten auf dem auswärtigen Gebiete mochte politisch
bedenklich sein, jedenfalls ergab es sich mit Notwendigkeit aus dem
Charakter des Bundes als einer völkerrechtlichen Vereinigung,
welche nicht die Hoheitsrechte der zu ihr gehörigen Staaten selbst,
sondern nur die Ausübung dieser Hoheitsrechte beschränken kann.
Das Reich ist dagegen selbst ein Staat mit eigenen staatlichen
Rechten und Pflichten, welche ihm durch die Reichsverfassung über
tragen sind. Allerdings hat das Reich diese staatlichen Rechte und damit
seinen staatlichen Bestand erlangt auf dem Wege einer freiwilligen
Uebereinkunft der deutschen Staaten, es besitzt kein staatliches Recht,
welches es nicht von den Einzelstaaten erworben hätte. Aber nicht
bloß die Ausübung der Rechte, sondern diese selbst sind von den
Einzelstaaten auf das Reich übergegangent).
Insbesondere auf dem Gebiete der auswärtigen Verwaltung
hat nun diese Auseinandersetzung nicht in der Weise stattgefunden,
daß dieser Verwaltungszweig ganz auf das Reich übergegangen
oder ganz den Einzelstaaten vorbehalten wäre. Vielmehr besteht
ein Wettbewerb zwischen Reich und Einzelstaaten auf diesem Ge-
bicte, jedoch derart, daß der Schwerpunkt der auswärtigen Ver-
waltung beim Reiche ruht, den Einzelstaaten nur untergeordnete
Befugnisse zurückgeblieben sind. Während der Entwurf der deutschen
Reichsverfassung vom 28. März 1849 8§8§ 6 ff. den deutschen Einzel-
staaten das Recht des völkerrechtlichen Verkehrs grundsätzlich entzog
und ihnen nur das Vertragsrecht mit anderen deutschen Staaten,
sowie über Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs
und der Polizei auch mit nichtdeutschen Staaten und die Unter
haltung einer ständigen Mission beim Reichsoberhaupte zugestand,
hat die Reichsverfassung vom 16. April 1871 eine positive Be
stimmung der Rechte der Einzelstaaten in dieser Beziehung ver-
mieden. Sie enthält bloß Vorschriften über die Befugnisse des
Reiches und überläßt es der Auslegung der Reichsverfassung zu
ermitteln, welche Rechte nunmehr den Einzelstaaten verblieben sind.
Der Kaiser hat das Recht, namens des Reiches Gesandte zu
beglaubigen und zu empfangen (Art. 11 R.V.). Dadurch ist jedoch
— —
1) Vgl. § 11.