8158 Rechtsprechung und Justizverwaltung. 81
sie es in dieser Beziehung bei dem früheren Rechte. Nach diesem
bildete aber nur die streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit den
Gegenstand einer in ihren äußeren Formen von den übrigen staat-
lichen Funktionen verschiedenen richterlichen Tätigkeit. Allein für
die Gerichtsbarkeit, nicht dagegen für die Justizverwaltung ist den
Gerichten, wie unten des weiteren zu zeigen sein wird, die richterliche
Unabhängigkeit verfassungsmäßig gewährleistet.
Als Rechtsprechung ist also aufzufassen die streitige und frei-
willige Gerichtsbarkeit. Die Rechtsprechung als eine staatliche Tätig-
keit wird zwar ausgeübt im Namen des Königs, welcher die Quelle
aller staatlichen Rechte bildet, aber jede Einwirkung auf die Ent-
scheidung des einzelnen Falles ist dem Könige entzogen. Ihm
gegenüber ist also die Rechtsprechung vollständig unabhängig. Ver-
waltungsrechtlich, d. h. innerhalb des Behördenorganismus ist
diese Unabhängigkeit in vollem Umfange zwar nicht vorhanden,
es ist also nicht unmöglich, daß die eine Behörde auf den vor eine
andere Behörde gehörigen Fall eine Einwirkung ausübt, aber sie
ist gesetzlich geregelt nach dreifacher Richtung hin.
Einmal kann auf keinen in das Gebiet der Gerichtsbarkeit ge-
hörigen Fall eine Einwirkung ausgeübt werden seitens einer anderen
Behörde als seitens eines Gerichts in richterlicher Unabhängigkeit.
Allerdings entscheidet für die Regel das zunächst und in erster
Instanz zuständige Gericht nicht souverän, so daß seine Anordnung
leder Aenderung entzogen wäre. Auch für die Rechtsprechung besteht
ein Organismus der Behörden, vermöge dessen die eine der anderen
bergeordnet und die Anordnung der ihr untergebenen Behörden
abzuändern befugt ist. Aber innerhalb dieses Behördenorganismus
für Ausübung der Gerichtsbarkeit besteht keine Behörde, die nicht
selbst die gleiche richterliche Unabhängigkeit besäße wie die ihr
untergebenen. Insbesondere ist deshalb das Justizministerium kein
han der Rechtsprechung. Hinsichtlich der Rechtsprechung stehen
ne Gerichte nicht unter dem Justizministerium, sondern unter den
nen übergeordneten Gerichten, in letzter Instanz dem Reichs-
gerichte.
Zeweitens kann niemals das innerhalb des richterlichen Be-
krdenorganismus vorgesetzte Gericht die ihm untergeordneten Ge-
schte mit Anweisung über die von letzteren zu treffenden Ent-
eidungen versehen oder die Sache an sich ziehen, bevor das in
Vornhar, Preußisches Staatsrecht. III. 2. Aufl. "