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men. Unter peinlichen Verbrechen ist im Sinne
des zur Zeit des Erlasses der Verfassungsurkunde
geltenden gemeinen deutschen Strafrechtes jede
Straftat im Gegensatze zum bloßen Polizei-
unrechte zu verstehen, also auch die Vergehen
des Str.G.B. Gegenüber der bloßen Strafverfol-
gung ohne Verhaftung greift die Befreiung nicht
Platz. Ebensowenig kann die Kammer Aufhebung
einer bereits vor ihrer Eröffnung erfolgten Ver-
haftung fordern.
3. Freiheit von Zivilhaft. Sie ruht auf der
reichsrechtlichen Grundlage von 88 904/5 Z.P.O.
Eigentliche Schuldhaft gibt es nicht mehr. Zivil-
haft findet nur statt zur Erzwingung des Offen-
barungseides und zur Erzwingung von Handlun-
gen, zu denen jemand verurteilt ist, und die für
ihn kein anderer vornehmen kann. Gegen Mit-
glieder der Volksvertretung darf Zivilhaft
während der Dauer der Sitzungsperiode ohne
Genehmigung der Versammlung nicht verhängt
werden, und eine bereits vorher beschlossene
und begonnene Haft ist auf Verlangen der be-
treffenden Kammer für die Sitzungsperiode zu
unterbrechen.
4. Diätenanspruch. Nach dem. Gesetze vom
10. Februar 1874 (G.u.V.Bl. Nr. VI, S. 65)
erhalten die Mitglieder beider Kammern mit Aus-
nahme der Prinzen des Großherzoglichen Hauses
und der Häupter der standesherrlichen Familien,
wenn sie nicht am Orte der Ständeversammlung
ihren Wohnsitz haben, für die Dauer der Anwesen-
heit bei dieser und die Reisetage eine Tagegebühr
von 12 Mk. und Ersatz der Reisekosten. Nach
dem Reichsgesetze vom 21. Mai 1906 ist bei
Doppelmandaten zu Reichs- und Landtag der An-
spruch auf Landtagsdiäten davon abhängig, daß
der Abgeordnete die Diäten beim Reichstage nicht