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gelangen, der Regierung anzuzeigen. Beschwerden
einzelner über Kränkung in ihren verfassungs-
mäßigen Rechten können von den Kammern nur
schriftlich und nach Erschöpfung des Instanzen-
zuges angenommen werden. Zu Beschwerden
wegen Verletzung der Verfassung oder verfas-
sungsmäßiger Rechte ist allein die zweite Kammer
befugt. Die erste Kammer hat nur das Recht der
Beschwerde an den Großherzog, wenn ihre eigenen
verfassungsmäßigen Rechte verletzt sind. Abge-
sehen von diesem einzelnen Falle haben das Recht
der Vorstellung und Beschwerde sowohl die beiden
Kammern gemeinschaftlich wie jede für sich
allein.
Dem Rechte der Kammern entspricht die Ver-
pflichtung der Regierung, sich auf die Beschwerde
zu äußern. Zu einer Abstellung der Beschwerde
ist freilich die Regierung, wie in einem einzelnen
Falle — Erlaß von Verordnungen, für die es
der Gesetzesform bedurft hätte — in S8 67 Abs. 1
V.U. anerkannt wird, nur dann verpflichtet, wenn
sie die Beschwerde für gegründet erachtet. Die
Erfüllung dieser Verpflichtungen der Regierung
wird erzwungen durch die Ministerverantwort-
lichkeit und die im Hintergrunde schwebende
Möglichkeit der Ministeranklage.
Ein Interpellationsrecht, d. h. eine Befugnis,
die Regierung zu befragen, ist zwar nicht ver-
fassungsmäßig, wohl aber in den Geschäftsord-
nungen der Kammern anerkannt. In der Tat er-
scheint es in dem Rechte der Vorstellung und
Beschwerde als das Mindere enthalten, indem der
Interpellant erst durch Befragen der Regierung
feststellen will, ob Grund zu einer Vorstellung
oder Beschwerde vorliegt. Es steht in dem Er-
messen der Regierung, ob sie die Interpellation
beantworten will oder nicht. An die Interpellation