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‚ılle Rechte der Staatsgewalt sind in der Person
des Monarchen vereinigt (V.U. 8 5). Das betrifft
auch die Rechtsprechung. Es ist das unverlier-
bare Ergebnis der Entwicklung nach der Rezep-
tion, daß die Rechtsprechung in vollem Umfange
eine Aufgabe der Staatsgewalt geworden ist. Da
diese sich in dem Monarchen verkörpert, ergeht
in seinem Namen jedes richterliche Urteil. Aber
der Monarch ist in der Ausübung der Staatsgewalt
gebunden an der Betätigung der richterlichen Ge-
walt durch unabhängige Gerichte unter Aus-
schluß jeder Kabinettsjustiz. Die deutschen Ver-
fassungsurkunden gewährleisten dies meist aus-
drücklich, so die badische in $ 14: „Die Gerichte
sind unabhängig innerhalb der Grenzen ihrer
Kompetenz.“ Dieser Zustand ist jetzt auch ein
reichsrechtlicher geworden durch 8 1 des Gerichts-
verfassungsgesetzes: „Die richterliche Gewalt
wird durch unabhängige, nur dem Gesetze unter-
worfene Gerichte ausgeübt.“
Dem .Monarchen ist damit nur die Art der
Betätigung der richterlichen Gewalt übrigge-
blieben, daß er in den verfassungsmäßigen Formen
die Gerichte organisiert und die Richter ernennt,
die in seinem Namen Recht zu sprechen haben.
Alle anderen Ausflüsse einer persönlichen Recht-
sprechung durch den Landesherren selbst oder
besondere außerordentliche Kommissionen sind
damit abgeschnitten. Insbesondere hat sich mit
der verfassungsmäßigen Unabhängigkeit der
Rechtsprechung die früher übliche Bestätigung
schwererer Strafurteile als unvereinbar erwiesen.
Das Begnadigungsrecht hat sich damit von seiner
geschichtlichen Wurzel, der oberstrichterlichen
Gewalt des Landesherren, losgelöst und ist zu
einer besonderen Art der Dispensation geworden
(vgl. 8 21).
Bornhak, Baden. 6