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Von der göttlichen Einsetzung der Obrigkeit gelangt Stahl
folgerichtig zu der Behauptung, daß auch die Gewalt des Kö-
nigs ein göttliches Recht sei. 1) Dieser Anschauung macht er
auch den Demuthstitel „von Gottes Gnaden“ dienstbar, jedoch
ohne dabei zu vergessen, daß alle Staatsgewalt, auch in der
Republik, einen göttlichen Ursprung habe. Allein das göttliche
Ansehen und die Majestät der Staatsgewalt stellt sich ihm in
der Monarchie sichtbarer und lebendiger heraus, weil sie in
ihr einen persönlichen Träger habe, der in keiner Beziehung
Unterthan sei; dazu komme noch in der Erbmonarchie, „daß
der Inhaber der Staatsgewalt ohne menschliches Zuthun in
ihrem Besitze sei durch göttliche Fügung, welcher sich die
Menschen in Ehrfurcht unterwerfen sollen“. Das Ansehen der
Erbmonarchie ruhe daher nicht blos auf einem allgemeinen
Gebote und Ordnung Gottes, wie bei aller Obrigkeit, sondern
zugleich auch noch auf einer speciellen Veranstaltung Gottes.
Dies sei das der Erbmonarchie eigenthümliche Legitimitäts-
princip, welches sonach „nicht blos den juristischen Sinn der
rechtmäßigen Nachfolge gegenüber der Usurpation, sondern auch
den religissen der Anerkennung der göttlichen Sanction und
Scheu (sacrosanctitas) des durch Gottes Fügung auf den
Thron Berufenen“ habe. 2) Stahl bezeichnet deshalb das
Königthum als eine legitime Institution, als eine Anstalt,
welche durch eine übermenschliche Macht ihr Ansehen habe und
eine in sich heilige Ordnung aufrecht halten solle.
Das göttliche Recht und die Legitimität sind nach Stahl
zwar verschiedene, aber zusammenhängende Begriffe; das erste
bedeute, daß die Autorität, kraft welcher der König herrsche,
1) Stahl, a. a. O., S. 250.
2) Ebendas., S. 251.