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war. 1) Selbst einer der stolzesten Autokraten des damaligen
Europas, der König Friedrich von Würtemberg, ver-
suchte noch vor dem Abschlusse des deutschen Verfassungs-
werkes seinem aus so verschiedenartigen und neuen Bestand-
theilen zusammengesetzten Lande eine Repräsentatirverfassung
zu geben und damit „öffentlich zu beweisen, daß nicht eine
äußere Nothwendigkeit oder eine gegen andere eingegangene
Verbindlichkeit, sondern blos die feste Ueberzeugung von dem
Bedürfnisse einer angemessenen ständischen Verfassung für das
wesentliche Interesse des Staats“ ihn geleitet habe. :) Auch
in den Niederlanden hatte der wiedereingesetzte Oranier
sich schon im Anfange des Jahres 1814 für die Einführung
der constitutionellen Regierungsform erklärt.) Ja so stark
war die Gewalt des Zeitgeistes, daß selbst die Alliirten dem
König von Frankreich die strenge Aufrechthaltung und Be-
obachtung der Charte zur Pflicht machten "), und geradezu
erklärten, die Ruhe Europas hänge von der Erhaltung des
königlichen Ansehens und der Verfassung in Frankreich ab. *)
So hatten denn auch die zu Wien versammelten Seu-
veräne und Staatsmänner dem Verlangen der europäischen
1) Rauch, Parlamentarisches Taschenbuch, 2. Aufl., Lief. 1, S. 109 fg.
Constitution vem 4. Nov. 1814, Einleitung, §. 1.
2) Manifest vom 11. Jan. 1815 (Pölitz, a. a. O., Bd. 1, Abth. 1,
S. 362, 363).
:) Pölitz, a. a. O., II, 192.
"“) v. Bernhardi, Geschichte Rußlands und der europäischen Politik,
I. 499.
„) Traité T'alliance entre les cours d'’Autriche, de la Grande--
Bretagne, de Prusse et de Russie, signé à PTaris le 20 Nov. 1315,
Introduction. (Ch. de Martens, Recucil manuel, III, 240): Con-
sidérant que le repos de I’Europe est essentiellement lié à Paffer-
missement de cet ordre de choses, fondé sur le maintien de lau-
torité royale et de #a dhorte constitutionnel#.