Full text: Staats- und Verwaltungsrecht der freien und Hansestadt Lübeck.

81. 
Geschichtlicher Überblick. 
Lübeck, 1143 durch Graf Adolf II. von Holstein ge- 
gründet, erlangte bereits 1226 die Reichsfreiheit. Seitdem er- 
litt die Stellung des zur Leitung der Angelegenheiten der 
Stadt berufenen Rates nach außen keine andere Beschränkung 
als die durch die Einsetzung eines kaiserlichen Schirmvogtes 
bedingte, die sich in der ersten Zeit nach Erlangung der 
Reichsfreiheit in der Ausübung der Gerichtsbarkeit durch den 
Schirmvogt namens des Kaisers äußerte. Diese Ausübung 
hörte aber bald auf, und die Ableitung der Selbständigkeit 
des Rates von der kaiserlichen Machtvollkommenheit trat dann 
nur noch in die Erscheinung durch eine für die Überlassung 
der Regalien zu leistende Geldzahlung. Nach innen war der 
Rat anfangs in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung 
von jeder Mitwirkung der übrigen Bürger befreit, auch war 
seine Zusammensetzung ihrem Einfluß entzogen: er besaß das 
Recht der Selbstergänzung. Der Rat bestand aus vier Bürger- 
meistern und zwanzig Ratsherren. Er leitete alle Angelegen- 
heiten durchaus selbständig; er hatte ebenso die Entscheidung 
über Krieg und Frieden wie über alle Verhältnisse der inneren 
Verwaltung. Er übte die Gerichtsbarkeit aus und war auch 
in der Festsetzung und Verwendung der Einkünfte grundsätz- 
lich unbeschränkt. Aber gerade in letzterer Beziehung ver- 
mochte er seine volle Unabhängigkeit nicht immer zu behaupten, 
und die Verhandlungen mit den Bürgern, zu denen er sich im 
Anfang des 15. Jahrhunderts verstehen mußte, um eine not- 
wendig gewordene Vermehrung der Einnahmen durchzusetzen, 
führten dazu, daß er ihnen eine Mitwirkung bei den verwal- 
tenden Behörden (Kämmerei, Weinkeller, Wette, Marstall), ja 
sogar (1408) Anteil an der Ratswahl zugestehen mußte. Doch 
wurde schon 1416 die alte Ordnung der Dinge wiederhergestellt, 
Brückner, Lübeck. 1
	        
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