BETHMANN HOLLWEG WIRD MINISTER 181
König Euander dem frommen Aeneas sagt, als er ihn unter den Giebel des
eng umschließenden Hauses führt:
Aude, hospes, contemnere opes, et te quoque dignum
Finge Deo, rebusque veni non asper egenis.
Als Nachfolger des Freiherrn von Hammerstein wählte ich Herrn Theo-
bald von Bethmann Hollweg, der sich als Regierungspräsident von Brom-
berg wie als Oberpräsident von Brandenburg wohl bewährt hatte, auch
vom Kaiser gewünscht wurde, dem sein redliches, freilich sehr untertäniges
Wesen gefiel. Weniger zufrieden mit dieser Wahl war der Führer der Kon-
servativen im Landtag, Herr von Heydebrand, der mir sagte: „Als Mi-
nister des Innern brauchen wir einen Mann mit fester Hand und Rückgrat.
Einen Mann wie Fritz und Botho Eulenburg, Puttkamer, Köller. Statt
eines Mannes geben Sie uns einen Philosophen.“ Bethmann Hollweg hatte
einen ausgesprochen doktrinären Zug und nahm schon als Minister des
Innern meine Zeit ungebührlich mit langatmigen Denkschriften in An-
spruch, in denen er seine Pläne einer „Vergeistigung‘‘ des preußischen Staats
unter gleichzeitiger „Ertüchtigung‘‘ des deutschen Volkes durch preußi-
sches Wesen mehr akademisch als praktisch realisierbar entwickelte.