188 DIE POTS CASSES
politische Störungen drohen, werden sie selbst bei dem Könige vermittelnd
einzugreifen versuchen, da seine Untertanen nicht die geringste Lust haben,
sich an den Deutschen die Köpfe blutig zu rennen, weil der Onkel den Neffen
nicht mag. Seine Majestät König Eduard ist klug genug, selbst einzulenken,
sobald er empfindet, daß er zu weit gegangen ist. Nur muß man den Prozeß
dieser Erkenntnis den Engländern selbst überlassen. Sollten wir
irgend etwas tun, was so gedeutet werden kann, als wollten wir die Eng-
länder gegen ihren eigenen König einnehmen, so würden sie einstimmig für
ihn einstehen und gegen uns Front machen. Die Beziehungen zwischen
Souveränen in die Zeitungen zu zerren, ist überhaupt unangebracht. In
diesem Falle würde es außerdem direkt fehlerhaft sein. Ich werde hier nach
wie vor vollkommen unbefangen auftreten und versöhnend und beruhigend
wirken, wo sich mir eine Gelegenheit dazu bietet. Falls Seine Majestät
König Eduard mit mir über die Einladung des Kronprinzen anfängt, werde
ich ihm in der entsprechenden Form zu verstehen geben, daß es nicht
freundlich ist, den Sohn ohne Wissen des Vaters einzuladen in dem Augen-
blick, wo man einer Begegnung mit dem letzteren ausweicht und zu ver-
stehen gibt, daß man nichts mit ihm zu tun haben will. Das Argument, daß
die Anwesenheit des Kronprinzen in Berlin während des Besuchs des Königs
von Spanien ebenso notwendig ist wie die Anwesenheit des Prinzen von
Wales in London während des gleichen Besuchs, werde ich deshalb nicht
verwerten können, weil König Eduard, ehe er den Kronprinzen einlud,
sich in Madrid nach dem Datum des spanischen Besuchs in Berlin erkundigt
hat und den Kronprinzen nach Ablauf des spanischen Besuchs in Berlin
nach England eingeladen hatte. Ich bedaure die Haltung eines wichtigen
Teils unserer Presse in ihrer Stellungnahme gegen das englisch-japanische
Bündnis. Dieses vertritt seinem Wortlaute nach genau unsere erklärte
Politik: Integrität Chinas, Aufrechterhaltung des Status quo, Gewähr-
leistung des Besitzstandes der einzelnen Mächte in Ostasien, Gleichberech-
tigung des Handels für alle. Wir können abwarten, ob der Geist des neuen
Abkommens sich gegen unsere Interessen richten wird. Es ist von unserem
Standpunkte aus unnütz und gefährlich, einen deutsch-russischen Gegen-
satz gegen das englisch-japanische Bündnis zu konstruieren; denn dieselbe
Rolle wie Frankreich in einem deutsch-englischen Kriege würde Deutsch-
land in einem russisch-englischen Krieg, in den wir verwickelt würden,
spielen, d.h. wir würden die Pots casses zu zahlen haben. Eine deutsch-
russische Annäherung sollte sich mit Frankreich, nicht mit England
beschäftigen. Sie sollte Frankreich entweder kaltstellen oder zu uns hinüber-
ziehen, obwohl es nicht ausgeschlossen ist, daß es dann auch ganz zu den
Engländern übergeht. Eine deutsch-russische Annäherung mit der Spitze
gegen England bringt uns gar keinen Nutzen, sondern nur Schaden und