DER MANN IM MOND 189
Gefahr, aus dern einfachen Grunde, weil, wie ich schon kürzlich mir erlaubte
zu sagen, die russische Hilfe gegen England für uns ungefähr so viel wert
ist wie die des Mannes im Mond. Eine Flotte besitzt Rußland nicht, unsere
Häfen und unseren Handel kann cs nicht schützen, und sein Landheer kann
uns gegen England nichts nützen. Dagegen würden wir uns unter Um-
ständen noch die Japaner auf den Hals ziehen und Kiautschou verlieren.
Deshalb sollten wir das englisch-japanische Bündnis möglichst in Ruhe
lassen und es den Russen, die Grund dazu haben, allein überlassen, sich
darüber aufzuregen.“
b-:Metternich hatte nur zu recht, wenn er die fortgesetzten Entgleisungen
deutscher Blätter gegenüber England tadelte. Es war taktlos, die Streitig-
keiten zwischen Onkel und Neffen in die öffentliche Diskussion zu ziehen.
Es war ungeschickt, gegen das englisch-japanische Bündnis von vornherein,
noch dazu mit wenig glücklichen Argumenten Sturm zu laufen. Am 19. Ok-
tober schrieb mir Metternich mit dem Vermerk „ganz geheim‘ über das
gleiche unerquickliche Thema: „Aus Andeutungen, die mir aus Hofkreisen
seit meiner Rückkehr nach England gemacht worden sind, entnehme ich,
daß die Verstimmung König Eduards gegen S.M. den Kaiser außer der
Politik auch zum großen Teil auf Äußerungen zurückzuführen ist, die
unser Allergnädigster Herr in diesem Jahre in Kiel im Kreise von fremden
Gästen, hauptsächlich Amerikanern, gemacht zu haben scheint. Solche
Äußerungen kommen stets wieder hierher zurück, gewöhnlich in vergrößer-
tem und entstelltem Maße. S. M. soll sich im Jachting-Kreise über die lie-
derliche englische Gesellschaft und über die Beziehungen König Eduards
zu Mrs. Keppel ausgelassen haben. In dem letzteren Punkt ist König
Eduard sehr empfindlich, und es soll ihn das mehr als alles aufgebracht
haben. Ich schreibe Ihnen dies nicht als Klatsch, sondern damit Sie über
die Gründe der in höchstem Grade beklagenswerten tiefen Entfremdung
zwischen den beiden nahe verwandten Souveränen möglichst genau orien-
tiert sind. Ich glaube nicht, daß sich vorläufig irgend etwas Ersprießliches
zur Annäherung der beiden hohen Herren tun läßt. Graf Seckendorff hat
dem Könige vor einiger Zeit geschrieben, es sei seine Pflicht, sich mit dem
Kaiser auszusöhnen. Über diesen Brief hat der König bemerkt, es sei eine
Impertinenz, ihm vorschreiben zu wollen, was seine Pflicht sei. So weit
dies unerfreuliche Thema. Hoffentlich entsteht keine deutsche Preßfehde
gegen Lord Lansdowne auf Grund des Artikels der ‚Neuen Freien Presse‘.
Es würde das nicht nur die Stellung des Ministers hier stärken, sondern
auch seiner Partei zugute kommen, zum Schaden der Liberalen, die” offen
auf eine Aussöhnung mit Deutschland hinarbeiten.“ "
Am 3. November 1905 erhielt ich von Metternich die nachstehenden
Zeilen: „Ich weiß bestimmt, aus sicherster Quelle, daß König Eduard den