DIE BRUNNENVERGIFTER 193
Dienste leisten! Ich sei von Franzosen informiert, daß England 300000 Fres.
in die Pariser Presse stecke für antideutsche Hetzartikel! Beit bestätigte
das, nur die Summe sei ihm nicht bekannt gewesen, das Faktum sei aber
absolut richtig! Desgleichen hätten auch die Russen ihre Summen, die sie
in Paris spielen ließen, auch gegen uns; Ich wisse da auch die Summe,
360000 Francs! Dazu setzte Beit ‚monatlich‘! Desgleichen wisse Ich es aus
Belgien, wo die liberalen Parteichefs, die gern ein freundschaftliches Ver-
bältnis mit uns haben wollten, sich beklagten, daß sie ihre Presse nicht
dirigieren könnten, da sie glatt von England bestochen und im anti-
deutschen Sinne redigiert werde! Ebenso in Rußland, wo auch einflußreiche
Blätter erkauft und gegen uns mit Gift versehen würden! Zu diesen
Operationen im Auslande träte die systematische jahrelange Brunnen-
vergiftung in den zahllosen englischen Revuen, wo die Leute, die sich
Calchas, Diplomaticus, One who knows, Vates etc. unterschrieben, die
unerhörtesten, schamlosesten Verleumdungen und Lügen über Deutsch-
land und Mich dem englischen Publikum unwidersprochen vorgesetzt
hätten, die daher auch geglaubt worden seien. Herr Beit rief da aus: ‚Ja,
wenn man nur wüßte, nur herauskriegen könnte, wer diese infamen Kerle
sind!? Ich habe mich ja auch schmählich darüber geärgert.‘ Als Ich ihm
erwiderte, die Herren seien uns längst bekannt, machte er ein erstauntes
Gesicht, aber noch größer wurden seine Augen, als Ich ihm sagte: ‚Wes-
selitzky, Toklewsky, Tatischeff und Delcasses Privatsekretär.‘ ‚Donner-
wetter, davon, das kann ich Ihnen versichern, hat man in England keinen
Schimmer!“ war die Antwort. Dann fuhr Beit fort: Das, worüber Ich
geklagt, sei recht, die Presse habe sich ganz unqualifizierbar benommen
und habe die Hauptschuld an dem Zustande, wie er heute sei. Peccatur
extra et intra! Es sei auch leider wahr, daß viel englisches Geld in die
fremde Presse zu unlauteren und bösen Dingen gesteckt worden sei. Aber
es sei jetzt der Anfang ehrlicher Annäherung gemacht, und er verspreche
Mir, mit seinem ganzen Einfluß sich dafür einzusetzen, daß dem Preß-
treiben und Hetzen ein Ende bereitet werde. Er tue das um so freudiger,
als er sich aus Meinen Ausführungen überzeugt habe, daß Ich ehrlich
Frieden wolle und nicht die Franzosen überfallen wolle, wie ihm das in
London und Paris eingeredet worden sei. Seine Majestät K.E. VII.
wolle bestimmt auch nur den Frieden, noch vor kurzem habe ihm
ein Offizier, auf den Burenkrieg angeredet, erklärt, in dem nächsten
Krieg werde es besser gehen, dazu hätten sie sich besser vorbereitet,
worauf H.M. ausrief: ‚There shan’t be any more war, I won’ı have any
more war, peace, peace, peace!‘ Das sei auch das Gefühl, von dem die
gesamte Regierung erfüllt sei und alle Börsen-, City- sowie Handelskreise
in ganz England. Sie wollten alle keinen Krieg; sie seien nur besorgt,
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