XIX. KAPITEL
Kieler Woche 1907 » Der Konflikt Eulenburg-Holstein »- Die Angriffe der „Zukunft“
Begegnung des Kaisers mit Nikolaus II. in Swinemünde + Iswolski, russischer Minister
des Äußern, die Beziebungen zwischen beiden Reichen » Zusammenkunft Wilhelms II.
mit dem König von England in Wilhelmshöhe «- Freiherr von Eckardstein - Die zweite
Friedenskonferenz im Haag - England billigt Deutschlands Hlaltung - Brief des Admirals
Montogu an Wilhelm II. . Beihmann Hollweg Staatssekretär des Innern « Graf Wedel
Statthalter in Elsaß-Lothringen
Die Kieler Woche des Frühjahrs 1907 verlief besonders glanzvoll.
Namentlich war eine größere Anzahl distinguierter Franzosen erschienen.
Der Kaiser, hocherfreut über ihr Kommen, feierte sie in fast überschweng-
licher Weise. Ihre lebhafte, witzige Konversation, ihre vollendete Höflich-
keit entzückten Seine Majestät. Unter den nach Kiel gekommenen Fran-
zosen wareinRohan-Chabot. Vom Kaiser gefragt, ob er mit den österreichi-
schen Rohans verwandt wäre, erwiderte er, sie wären seine Vettern, Nach-
dem während der französischen Revolution mehrere Mitglieder der Familie
Rohan guillotiniert worden wären, seien einige überlebende nach Österreich
geflüchtet. Der Kaiser meinte daraufhin in seiner raschen und natürlichen
Art, daran hätten sie wohlgetan, sonst wäre auch ihnen der Hals abge-
schnitten worden. Mit großem Ernst erwiderte Rohan-Chabot: „Non, Sire,
je ne suis pas de votre avis! Quand on a l’honneur d’etre Frangais, on se
laisse plutöt trancher la t&te que d’abandonner son pays.‘ Eine Antwort,
würdig des alten Geschlechts, dessen Wahlspruch lautete: „Prince ne
daigne, Roi ne puis, Rohan suis.“
Je besser die französischen Gäste dem Kaiser gefielen, um so erzürnter
war er darüber, daß der französische Botschafter in Berlin, JulesCambon,
nicht mit ihnen in Kiel erschienen war. Ich schrieb Seiner Majestät, daß
Cambon, der mich bald nachher unaufgefordert in Norderney besuchte,
mir dort auseinandergesetzt hätte, er sei zunächst gar nicht nach Kiel ein-
geladen worden. (Dazu schrieb der Kaiser ad marginem: „Faule Ausrede!
Er konnte bei Knesebeck oder Eulenburg fragen!) Wenn Cambon eine
Einladung erhalten hätte, schrieb ich weiter, würde er gern gekommen
sein. (Hier schrieb der Kaiser an den Rand: „Alles Quatsch, er mußte
fragen!“) Pflichtgemäß meldete ich dem Kaiser aber auch, Cambon, den
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Französische
Gäste in Kiol