Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

PROZESS MAPLE-ECKARDSTEIN 297 
nicht mehr empfange, meinte der König: „Oh, good gracious! He is not 
more received anywhere.“ Er erzählte dann dem Kaiser, daß sich Eckard- 
stein „in a most inconvenient, a most ungentlemanlike way“ gegenüber 
seiner Gattin benommen habe. Deren Vater, der reiche Möbelhändler 
Maple, hätte ursprünglich Eckardstein zu seinem Erben eingesetzt. Als 
Eckardstein trotz aller Warnungen seines würdigen Schwiegervaters immer 
wieder große Summen durch unsinnige Spekulationen verloren hätte, habe 
Maple sein Vermögen seiner Tochter zu deren freier Verfügung hinterlassen. 
Nun habe Eckardstein angefangen, immer größere Summen von seiner 
Gattin zu erpressen, was die Beziehungen zwischen den beiden natürlich 
verschlechtert hätte. Als die Baronin Eckardstein endlich erklärt habe, sie 
könne nicht mehr für die Börsengeschäfte und Schulden ihres Gatten auf- 
kommen, von dem sie de facto schon getrennt lebte, hätte Eckardstein sie 
mit einem Skandalprozeß bedroht, und als sie sich dadurch nicht beein- 
drucken ließ, gegen sie einen Prozeß wegen Ehebruchs, begangen mit ihrem 
Arzt in London, angestrengt. Aus dem Prozeß wäre die Baronin Eckardstein 
völlig gerechtfertigt hervorgegangen, Eckardstein aber derartig bloßgestellt 
undin einem so üblen Lichte, daß das anwesende Publikum ihn beim Verlassen 
des Gerichtssaals beschimpft, tätlich bedroht und fast verprügelt hätte. Er 
sei seitdem für alle anständigen Leute erledigt. Kaiser Wilhelm geriet in 
heftige Erregung und erklärte sofort, nicht ohne Pathos, denn er wollte 
seinem Onkel zeigen, ein wie strenger Hüter des Anstandes und guter Sitte 
er sei, daß Eckardstein den „schlichten Abschied“ erhalten müsse, wie der 
militärische Terminus technicus laute, und daß dies im Reichsanzeiger 
öffentlich bekanntgegeben werden solle. Ich habe diesen Befehl wie manchen 
anderen nicht buchstäblich ausgeführt und Eckardstein wie später den 
unglücklichen Philipp Eulenburg ohne Aufschen noch Lärm aus der Stel- 
lung z. D. in die Stellung a. D. überführen lassen. Ich sollte erst während 
der letzten Zeit meiner Reichskanzlerschuft wieder von Eckardstein hören, 
wo er gemeinsam mit dem Pamphletisten Rudolf Martin, der sich nach der 
Novemberrevolution von 1918 der U.S.P.D., dem linken Flügel der 
Sozialdemokratie, anschloß, und dem Zeremonienmeister Eugen Röder, 
dem üblen Bruder der intriganten Gräfin Paula Alvensleben, gegen mich 
einen „Bund der Kaisertreuen“ bilden wollte. 
Vom 15. Juni bis zum 15. Oktober 1907 tagte im Haag die zweite Frie- 
denskonferenz, die durch den niederländischen Minister des Äußern, den 
früheren niederländischen Gesandten in Berlin, Herrn Tets van Goudrian, 
einen wohlgesinnten und taktvollen Diplomaten, eröffnet wurde. Den 
Vorsitz übernahm der russische Bevollmächtigte, Botschafter Nelidow. In 
der Frage der internationalen Friedens- und Abrüstungsbestrebungen 
gegenüber der pazifistischen Propaganda und den Forderungen nach 
Zweite Haager 
Friedens- 
konferenz
	        
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