304 DIE TOCHTER DER NORDMARK
höchste Gefahr für unsere Sicherheit und für unsere Zukunft. Ein Pak-
tieren mit den Polen konnten nur weltfremde deutsche Phantasten emp-
fehlen. Dagegen waren die kaum 135000 Dänen in Nordschleswig keine
ernstliche Gefahr für unseren Staat und für unser Volkstum. Mein Wunsch
war, vom Landtag eine größere Summe für das allmähliche Aufkaufen der
dänischen Bauerngüter in Schleswig zu erlangen und an ihrer Stelle Süd-
schleswiger oder Holsteiner anzusiedeln. Die Sprachenfrage wollteich kulant
behandeln, denn wenn leider eine alte Erfahrung zeigte, daß die romanischen
Sprachen, Französisch und Italienisch, der deutschen leicht Terrain abge-
winnen und daß selbst die slawischen im Kampf gegen die deutsche Sprache
traurige Erfolge aufzuweisen haben, so ist die deutsche Sprache in Nord-
schleswig seit Jahrhunderten im Fortschreiten gewesen. Gegen die Forderung
eines größeren Fonds für Nordschleswig hatte leider das Staatsministerium
Bedenken, und in der Sprachenfrage wollte der Kaiser unter dem Einfluß
seiner Augustenburgischen, sehr antidänischen Verwandten nicht nach-
geben. Die Kaiserin hatte meinem Vetter Jenisch, der sie und den Kaiser
nach Kopenhagen begleitete, nicht verhehlt, daß sie mich zu „dänen-
freundlich“ fände. Sie schrieb ihm: „Ich bin als Kaiserin und Frau meines
Mannes nach Dänemark gegangen, natürlich auch höflich und freundlich
gewesen, da diese Reise es von mir verlangte. Es ist das erstemal, daß ich
als Tochter der Nordmark dies tun mußte. Wo ist der Dank? Der Nutzen?
Sie wissen, daß ich mich nicht gern politisch einmische, aber etwas Lokal-
patriotismus hat man doch. Die Kämpfe Schleswig-Holsteins gegen Däne-
mark sind derartig mit meiner eigenen Familie verquickt gewesen, mein
eigener Vater ist ein Opfer dieser Kämpfe geworden, da werden Sie ver-
stehen, daß es auch mir ins Herz schneidet, wenn das Deutschtum in
Nordschleswig durch zu larges Entgegenkommen für Dänemark froissiert
wird. Die Dänen sind stets glatt gewesen, aber falsch.“ Wenn die gute
Kaiserin in an und für sich begreiflicher Familientradition keinerlei Scho-
nung der Dänen wünschte, so hatte bei dem Besuch in Kopenhagen der
Kaiser es umgekehrt übelgenommen, daß ich ihn durch den Vertreter des
Auswärtigen Amts hatte bitten lassen, in seinen dortigen Auslassungen die
dänenfreundliche Note nicht zu forcieren. Herr von Jenisch schrieb mir
darüber: „Ich sagte Seiner Majestät, es sei Deines Erachtens wichtig, in
Kopenhagen den richtigen Ton anzuschlagen und bei der Ängstlichkeit des
Königs nicht zu chaleureux zu werden. Das hättest Du mir bei Deiner
Abreise noch besonders ans Herz gelegt. Seine Majestät antwortete mir,
das solle man nur ruhig ihm überlassen, er werde schon den richtigen Ton
treffen. Dafür regiere er schon zwanzig Jahre. Nach dieser Antwort war es
natürlich für mich ganz unmöglich, ohne Gefahr zu laufen, einen gewaltigen
Zorn zu erregen, Deinen Entwurf zu einer Rede vorzulegen.“