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XXI KAPITEL
Entrevuc von Reval zwischen Eduard VII. und Nikolaus II. (Juli 1908) - Russisch-
englische Interessensphüren in Asien « Döberitzer Rede Wilhelms II., seine Besorgnisse
vor einerDeutschland drohenden Einkreisung - Begegnung WilhelmsII. und Eduards VII.
in Homburg (11. VIII. 1908) . Botschafter Graf Metternich über die deutschen Flotten-
rüstungen » Unterredung Wilhelms II. mit dem englischen Unterstaatssekretär Sir
Charles Hardinge + Brief des Kaisers an Lord Tweedmouth » Bülows Zirkularnote an die
preußischen Gesandten über die Begegnung von Reval » Die türkische Revolution
m Mittelpunkt der politischen Begebenheiten des Jahres 1908 steht für
die rückschauende Betrachtung die Begegnung, die am 9. und 10. Juli in
russisch Reval zwischen König Eduard und dem russischen Kaiserpaar stattfand.
Monarchen-
Zusammen-
kunft
Ich brauche kaum zu sagen, daß ich mir über die Tragweite und, bei unvor-
sichtiger und ungeschickter deutscher Politik, über die möglichen schlimmen
Folgen des Zusammentreffens des englischen Königs mit dem Zaren nicht
im Zweifel war. Die vernichtenden und für den russischen Hochmut be-
schämenden Niederlagen der russischen Armee und der russischen Flotte
im Krieg gegen Japan hatten die russische Politik aus dem fernen in den
nahen Osten zurückgeworfen. Die Enttäuschung war zu groß gewesen, als
daß irgendeine russische Regierung Lust gehabt hätte, sich wieder in Ost-
asien die Finger zu verbrennen. Es kam dazu, daß die russische Volksseele
sich für Wladiwostok und Charbin nie erwärmt hatte. Alle Traditionen und
Gefühle des russischen Volkes richteten sich seit Jahrhunderten auf Zari-
grad und die Hagia Sofia. Daraus mußte ein verschärfter Gegensatz zu
Österreich und, bei nicht sehr vorsichtig geleiteter deutscher Politik, zu
Deutschland hervorgehen. Immerhin besaß Rußland auch nach seinen MiB-
erfolgen noch eine Reihe von Stützpunkten am Stillen Ozean. Es besaß in
Sibirien und in Zentralasien ein ungeheures Imperium, und das nötigte
wieder die russische Politik zur Rücksichtnahme auf England. Fast ein
Jahr früher, im August 1907, war zwischen Bär und Walfisch, zwischen
Rußland und England, ein Vertrag über die Teilung der Einflußsphären in
Asien zustande gekommen. Nordpersien wurde den Russen, das persische
Küstenland den Briten zugeteilt. Der Vertrag war im Grunde für die Russen
günstiger als für die Engländer, und die Befriedigung, die nach dem Ab-
schluß des Vertrages der zu Eitelkeit neigende Iswolski zur Schau trug,