wöhnischen, mißtrauischen Augen gewogen und nachgeprüft werden, stellt meine
Geduld auf eine harte Probe. Ich habe immer wieder gesagt, daß ich Englands
Freund bin, und Ihre Presse — oder wenigstens ein beträchtlicher Teil — fordert
das englische Volk auf, meine ausgestreckte Hand zurückzuweisen, und insinuiert,
daß in der andren ein Dolch verborgen sei. Wie kann ich eine Nation gegen ihren
Willen überzeugen ?
Ich wiederhole“, fuhr Seine Majestät fort, „daß ich Englands Freund bin, aber
Sie erschweren mir die Dinge. Meine Aufgabe ist keine von den leichtesten. Die
vorherrschende Empfindung in großen Teilen der mittleren und unteren Klassen
ıneines eignen Volkes ist England nicht freundlich. Ich bin also sozusagen in
einer Minderheit in meinem eignen Land, aber sie ist eine Minderheit der besten
Elemente, geradeso wie in England gegenüber Deutschland. Dies ist ein zweiter
Grund, weshalb mich Ihre Weigerung, mein verpfändetes Wort, daß ich Englands
Freund bin, anzunehmen, kränkt. Ich bin unaufhörlich bestrebt, die Bezichungen
zu verbessern, und Sie erwidern, daß ich Ihr Erzfceind bin. Sie machen es für
mich schr schwer. Warum ?““
Hierauf wagte ich, Seine Majestät daran zu erinnern, nicht England allein,
sondern ganz Europa habe mit Mißbilligung kürzlich das Verhalten Deutschlands
gesehen, daß es dem deutschen Konsul erlaubte, von Tanger nach Fez zurück-
zukehren, und den gemeinsamen Schritt Frankreichs und Spaniens vorweg-
genommen habe, indem es den Mächten nahclegte, es sei an der Zeit, daß Europa
Muley Hafid als neuen Sultan von Marokko anerkenne.
Seine Majestät machte eine ungeduldige Bewegung. „Ja“, sagte er, „das ist
ein vorzügliches Beispiel, wie das Vorgehen Deutschlands falsch dargestellt
wird. Zunächst also: die Reise des Dr. Vassel. Wenn die deutsche Regierung den
Dr. Vassel auf seinen Posten in Fez zurücksandte, war nur der Wunsch für sie
maßgebend, daß er sich um die Privatinteressen deutscher Untertanen in dieser
Stadt kümmern solle, die um Hilfe und Schutz nach der langen Abwesenheit eines
konsularischen Vertreters riefen. Und warum sollte man ihn nicht senden ?
Wissen diejenigen, die Deutschland beschuldigen, es sei den andren Mächten
zuvorgekommen, daß der französische Konsularvertreter schon mehrere Monate
in Fez war, als Dr. Vassel aufbrach ? Dann: die Anerkennung von Muley Hafid.
Die europäische Presse hat mit großer Schärfe beklagt, Deutschland hätte seine
Anerkennung nicht empfehlen sollen, bis er Europa seine völlige Einwilligung in
den Vertrag von Algeciras mitgeteilt habe als eine Verpflichtung für ihn als Sultan
von Marokko und Nachfolger seines Bruders. Meine Antwort ist, daß Muley Hafıd
eine Mitteilung dahin schon vor Wochen gemacht hat, ehe noch die entscheidende
Schlacht stattfand. Schon in der Mitte des vergangenen Juli hat er eine identische
Note an die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien gesandt
mit der ausdrücklichen Anerkennung, daß er vorbereitet sei, alle Verpflichtungen
gegen Europa, die Abdul Aziz während seines Sultanats sich zugezogen hat,
seinerseits zuzugestehen. Die deutsche Regierung hat diese Mitteilung als end-
gültigen, autoritativen Ausdruck von Muley Hafıds Absichten betrachtet und war
deshalb der Meinung, man brauche nicht eine zweite Mitteilung abzuwarten, bevor
ınan ihn als den tatsächlichen Sultan von Marokko anerkenne, der seinem Bruder
durch das Recht eines Siegs auf dem Schlachtfeld auf dem Thron nachfolgte.““