Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

ENTSCHULDIGUNGEN 359 
entgegenzutreten. Er habe geglaubt, es komme darauf an, angesichts der 
(von Seiner Majestät und Tirpitz abgewiesenen) Versuche von Haldane 
und Lloyd George, zu einer Vereinbarung über Einschränkungen der See- 
rüstungen zu gelangen, die englische Stimmung uns gegenüber „a tout 
prix“ zu besänftigen, und daß es deshalb gerechtfertigt sein könnte, 
nach altem Bismarckschem Prinzip zur Erreichung des Hauptziels, der 
Besserung unserer Stellung zu England, alle anderen Rücksichten, nament- 
lich diejenigen auf Frankreich und Rußland, einstweilen beiseitezustellen. 
Er habe auch der Versicherung des nominellen englischen Verfassers 
Wortley, daß der Artikel in England gut wirken werde, glauben müssen. 
Es hätte ihm an durchschlagenden Gründen gefehlt, um der Auffassung 
Seiner Majestät entgegenzutreten. Er hätte angenommen, daß eine Äuße- 
rung über die Opportunität der Veröffentlichung von ihm gar nicht ver- 
langt worden wäre. Einzelne Stellen auszumerzen wäre nicht möglich ge- 
wesen, weil das Ganze eine „streng einheitliche Argumentation‘ gewesen 
sei. Insbesondere sei der Passus über den von Seiner Majestät ausge- 
arbeiteten Feldzugsplan unentbehrlich gewesen als „Kulmination der 
ganzen Beweisführung‘. Der Unterstaatssekretär Stemrich und der Staats- 
sekretär von Schön hätten doch den von ihm, Klehmet, entworfenen 
Bericht ohne jede Änderung gezeichnet. Er habe sich auch gesagt, daß die 
Authentizität der in dem Artikel angeführten kaiserlichen Ausführungen 
gar nicht zu bestreiten wäre, daß eine Veröffentlichung dieser Äußerungen, 
auch wenn Seine Majestät die Veröffentlichung ablehne, doch von anderer 
Seite erfolgen würde und daß es würdiger wäre, wenn Seine Majestät sich 
jetzt sogleich zu seinen Auslassungen bekenne, als wenn er später dazu ge- 
zwungen würde. Die Verbreitung des Artikels des „Daily Telegraph“ 
durch Wolfis Büro sei ohne Rückfrage bei ihm und beim Reichskanzler 
auf Weisung des Geheimen Rats Hammann erfolgt. Der vorletzte Satz 
war richtig. Es war in der Tat zweifellos, daß die gegenüber so vielen Eng- 
ländern, vor so vielen Zuhörern aus allen Kreisen von Seiner Majestät in 
pointierter Form, mit Nachdruck und Bestimmtheit gemachten und immer 
wiederholten Ausführungen derartig sensationeller Natur in irgendeiner 
Weise in die Öffentlichkeit gelangt wären. Es war auch zutreffend, daß 
wegen der Verbreitung des „Daily-Telegraph‘-Artikels durch Wolfls Büro 
weder bei Klehmet noch vor allem bei mir angefragt worden war. Holstein, 
der den Menschen, mit denen er sich überworfen hatte, gern alles Schlechte 
nachsagte, wollte mich bis an sein Lebensende davon überzeugen, daß 
Hammann meine Ermächtigung zur Verbreitung des „Daily-Telegraph‘“- 
Artikels durch Wolff in böser Absicht nicht eingeholt habe, um mir auf diese 
Weise Ungelegenheiten zu bereiten. Ich möchte eher annehmen, daß es sich 
um eine Bummelei des bisweilen bummeligen Hammann handelte.
	        
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