Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

478 DER BUND DER KAISERTREUEN 
schon anläßlich des Sturzes des armen Philipp Eulenburg erwähnte, 
letzteren als Favorit des Kaisers abgelöst hatte. Er war durch den Tod 
seines Vetters Karl Egon in den Besitz der großen schwäbischen Standes- 
herrschaft Donaueschingen getreten, aber innerlich schwarzgelber Öster- 
reicher geblieben. Seine Erzichung war eine österreichische gewesen, seine 
Mutter, eine Khevenhüller, seine Frau, eine Schönborn-Buchheim, waren 
Vollblut-Österreicherinnen. Er war mir oft dadurch unbequem geworden, 
daß er den Kaiser nicht nur als Schwarzgelber gegen Italien, sondern auch 
gegen Rußland aufstachelte. Dagegen trat er, wo er konnte, für die Polen 
ein. Der Oberhofmarschall Reischach, mit einer Ratibor verheiratet, deren 
Mutter eine Fürstenberg gewesen war, fühlte sich beglückt, mit einem 
Fürsten Fürstenberg als „Vetter“ renommieren zu können, und hielt, wo 
er konnte, dem Günstling des Kaisers den Steigbügel. Daß Max Fürstenberg 
in Geldverlegenheiten geraten war, störte den Kaiser nicht. Neben Fürsten- 
berg spielte der Zeremonienmeister Eugen Röder mit seiner Schwester, 
der Gräfin Paula Alvensleben, im Bunde der Kaisertreuen eine Rolle. Er 
hatte schon gegen Bismarck, Vater und Sohn, intrigiert und intrigierte 
jetzt gegen mich, obwohl er mir jahrelang in platter Weise die Cour gemacht 
hatte. Wenn ich zu einem Hofball fuhr, so pflegte er mich und meine Frau, 
den federgeschmückten Hut in der Hand, am herrlichen Eosanderschen 
Portal des Schlosses zu erwarten, um die Ehre zu haben, meine Frau vom Tor 
bis in den Weißen Saal zu führen. Wenn ich ihn ermahnte, sich nicht einem 
Schnupfen auszusetzen, legte er die Hand aufs Herz und meinte mit he- 
roischer Miene: „Lieber eine Lungenentzündung, als meine Pflicht gegen- 
über der Frau Fürstin versäumen.‘ Durch den in England gescheiterten 
früheren Botschaftsrat Eckardstein waren die „Kaisertreuen““ mit dem 
Pamphletisten Rudolf Martin in Verbindung getreten. Martin war ein 
sächsischer Beamter gewesen, der bei seinen Vorgesetzten durch outriertes 
Strebertum mißliebig geworden war. Es gelang der sächsischen Regierung, 
ihn aus Sachsen fortzuloben und ihn dem Reichsamt des Innern anzuhängen. 
Dort geriet er in Konflikt mit dem Grafen Posadowsky, der ihn in seiner 
mit Unzuverlässigkeit verbundenen Unbrauchbarkeit bald erkannte und in 
einem unbedeutenden Dezernat kaltstellte. Um sich zu rächen, veröffent- 
lichte Martin eine Broschüre gegen Posadowsky. Er hatte die Frechheit, 
sie mir zu übersenden. Er hatte gehört, daß zwischen Posadowsky und mir 
Mei hiedenheiten bestünden, und hoffte, sich bei mir durch seinen 
hinterrückschen Angriff gegen seinen Chef lieb Kind zu machen. Natürlich 
ließ ich eine Disziplinaruntersuchung gegen ihn einleiten, die zu seiner Ent- 
fernung aus dem Reichsdienst führte. In wessen Solde Burschen wie Rudolf 
Martin und Eckardstein standen, möchte ich nicht weiter erörtern. Der 
damalige Direktor im Scherl-Verlag und spätere Mitarbeiter des Kaisers
	        
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