IN DER LOGE EDUARDS VIl. 37
Mal als gefährlicher Mensch hingestellt werde, der den armen Lansdowne
und das Foreign Office stets übers Ohr haut, das andere Mal als ein unver-
söhnlicher Anglophobe geschildert werde, der nur auf den Ruin Englands
sinnt. Aber leider wird auch aus dem eigenen Lager die Botschaft nicht
unbehelligt gelassen. Was mich selbst betrifft, so ist es mir gänzlich gleich-
gültig, was man über mich sagt. Ich kann mich schon wehren, wenn es der
Mühe wert ist — wenn aber ein früheres Mitglied der Botschaft, lediglich
aus Unmut über geknickte, weitgehende Hoffnungen, die außer ihm selbst
von niemandem geteilt wurden, die Stellung der jüngeren Botschafts-
mitglieder unter Ausnutzung seiner persönlichen gesellschaftlichen Be-
ziehungen zu diskreditieren sucht, so ist das ein unpatriotisches Vorgehen,
das selbst gekränkte Eitelkeit und seine übertriebene Meinung von der
eigenen Wichtigkeit nicht rechtfertigen kann. Über Viktor Eulenburg, der
sich hier in überraschend kurzer Zeit eine vorzügliche Stellung erworben
hat, wird ausgestreut, daß er bei den Engländern sehr unpopulär und zu
dem Zweck hierhergeschickt worden sei, um als eine Art gesellschaftlicher
Spion Seiner Majestät über den tagtäglichen Klatsch aus London zu
berichten. Da diese Geschichte hier die Runde macht, so bin ich ihr nach-
gegangen und habe wenigstens die eine Hälfte auf ihren Urheber fest-
genagelt. Von einem absolut zuverlässigen Ohrenzeugen ist mir folgende
kleine Szene geschildert worden: König Eduard im Hintergrunde seiner
Box in der Oper, eine Zigarette rauchend, in Begleitung eines ihm befreun-
deten Herrn, der mir die Sache erzählt hat. Unter vielen Verbeugungen und
Händereiben tritt unaufgefordert herein Alfred Rothschild, der sich nach
dem Befinden des hohen Herrn und dem Verlauf der Kieler Reise unter
mannigfacher Fragestellung erkundigt, unter anderm auch danach, wie
S.M. der Kaiser den Ostasiatischen Krieg beurteile, worauf der König
kurze und ausweichende Antworten erteilt. A. Rothschild erwähnt dann,
daß ein neuer Sekretär, Graf Eulenburg, bei der deutschen Botschaft sei,
der sich allgemein unpopulär hier mache, wie er höre. Der König sagt,
davon wisse er nichts. In Kiel habe sich der junge Eulenburg im Gegenteil
recht nützlich erwiesen (er hatte dort mit den Herren des Gefolges kleine
Ordensangelegenheiten in meinem Auftrage zu besprechen). Befragt,
erklärt A. Rothschild, Eckardstein habe ihm gesagt, daß Eulenburg hier
sehr unpopulär sei. Der andere Herr greift nun in die Unterhaltung ein und
bemerkt, das sei gar nicht der Fall, Eulenburg gefalle hier im Gegenteil recht
gut, sei ein sehr angenehmer Mensch, und Eckardstein erzähle so etwas
nur aus Pik gegen die deutsche Botschaft, weil er nicht mehr dazu gehöre
und selber hätte Botschafter werden wollen. Darauf der König: ‚Good
heavens no, that would never do!“ Alfred Rothschild, still und perplex,
bemerkt zu spät, daß er seinem Freunde und Günstling Eckardstein einen