ALLERLEI HASS 73
junger Mensch in meine Taschenuhr die Worte aus dem zweiten Kapitel
des Bellum Jugurthinum eingravieren lassen: Animus incorruptus, aeternus,
rector humani generis, agit atque habet cuncta, neque ipse habetur.
Durch die persönlichen Angriffe, in denen sich nicht nur der frühere Re-
gierungsrat Martin, der Trompeter der von Eckardstein geführten „Kaiser-
treuen‘, sondern auch konservative Blätter gefielen, ließ ich mich in meiner
römischen Ruhe nicht stören. Derartige Schmähungen und Verdrehungen
reichten nicht an die Höhe der Verachtung heran, die ich für sie empfand.
Im Interesse der Landwirtschaft bedauerte ich die auch nach meinem
Rücktritt fortgesetzten Anzapfungen der agrarischen „Deutschen Tages-
zeitung“, aber ohne das Bedürfnis, darauf zu antworten. Wahnschafle,
Chef von Bethmanns Reichskanzlei, der aus eigenem Antrieb mit dem
Redakteur der „Deutschen Tageszeitung“ Dr. Georg Oertel sprach, dem
Mann mit der weißen Weste über dem gewaltigen Bauch, schrieb mir,
daß dieser persönlich solche von einzelnen verbissenen Parteifunktionären
wie Dietrich Hahn herrührenden Entgleisungen lebhaft bedaure, schon
weil sie der Ausdruck grober Undankbarkeit seien.
Zu meinen treuen und dabei einsichtigen und klugen Anhängern gehörte
der langjährige Korrespondent der „‚Kölnischen Zeitung“ in Berlin, Herr
von Huhn, ein früherer Dragoneroffizier, der Ende 1910 meine Auf-
merksamkeit darauf lenkte, daß die sinnlosen Anschuldigungen, die
seinerzeit der entlassene Regierungsrat Martin in seinem Buch er-
hoben habe, jetzt auch den Weg in den frommen „Reichsboten‘ gefunden
hätten, und zwar in einer besonders gehässigen Form. Herr von Huhn
schrieb weiter: „Ich glaube annelımen zu dürfen, daß Eure Durchlaucht zu
sehr über diesen Angriffen stehen, als daß Sie sich zu irgendeiner eigenen
Berichtigung entschließen werden. Diese Rücksicht ist aber nicht für die-
jenigen vorhanden, welche die Tätigkeit und das Wirken Eurer Durch-
laucht lange Jahre hindurch aus der Nähe verfolgen konnten und die
einigermaßen wissen, wie die Dinge verlaufen sind. Ich meinesteils habe
jedenfalls geglaubt, der groben Geschichtsfälschung des „Reichsboten“
entgegentreten zu müssen.“
Der „Reichsbote“, das Organ der streng evangelischen Kreise, das mit
Vorliebe von der Kaiserin und ihren Hofdamen gelesen wurde, hatte
mich während meiner Amtszeit nicht selten bekämpft, weil es mich zu
katholikenfreundlich fand, richtiger gesagt: weil ihm meine streng und
aufrichtig paritätische Haltung und Politik nicht gefielen. Sein Leiter, der
alte Pastor Engel, war aber, wie manche Fanatiker, eine lautere Seele. So-
bald er, ohne mein Zutun, darüber unterrichtet worden war, daß seine
Beschuldigungen gegen mich vollkommen unbegründet wären, nahm er sie
mit dem Ausdruck lebhaften Bedauerns und mit seiner eigenen Unter-
Preßangriffe
in Deutsch-
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