Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

SCHÄRFERES VORGEHEN GEGEN BELGIEN 9 
Grafen Wallwitz geführt haben. Wie Eurer Durchlaucht vielleicht nicht 
unbekannt geblieben ist, haben wir aus verschiedenen, der weiteren 
internationalen Politik angehörenden Gründen einen Wechsel in 
unserer Kongo-Politik im Sinne eines schärferen Vorgehens gegen Bel- 
gien eintreten lassen. War schon im Sommer und Herbst d. J. vom 
Reichskolonialamt aus über eine nicht ausreichende Mitarbeit in Brüssel 
auf dem Gebiete der Kongo-Politik Klage geführt worden, so begegnete der 
jüngste Wechsel unserer großen Politik dort einer Behandlung, die den 
Schluß auf eine mangelnde Übereinstimmung des Gesandten mit der von 
uns gegenüber Belgien neu eingeschlagenen politischen Richtung zulicß. 
Unter diesen Umständen wurde hier der Wunsch nach einem Wechsel auf 
dem dortigen Posten laut. Ein bezüglicher Antrag an Seine Majestät 
erfolgte mit dem Zusatze, daß für Graf Wallwitz eventuell ein anderer 
Posten in Aussicht genommen werden könne. Persönlich hatte ich sogar 
die Botschaft in Madrid dafür in Erwägung gezogen. Wie ich besonders 
streng vertraulich bemerke, stieß aber der Antrag auf eine unzweideutige, 
von nicht gnädiger Äußerung für Graf Wallwitz begleitete Ablehnung 
Seiner Majestät, Allerhöchstwelcher sich für das Ausscheiden des Grafen 
entschied. Blieb uns hiernach ein anderer Weg nicht übrig, so stand doch 
sofort bei mir der Entschluß fest, den Rücktritt in der ehrenvollsten und 
anerkennendsten Form zu einem von dem Grafen Wallwitz gewünschten 
Zeitpunkte zu vollziehen. Der ganze Vorgang wurde hier streng geheim 
gehalten, und ich würde sogar gezögert haben, ihn zur Kenntnis Eurer 
Durchlaucht zu bringen, wenn mir nicht bekanntgeworden wäre, daß er 
Ihnen auf direktem Wege aus Brüssel mitgeteilt worden sei. Nachdem der 
Posten nun einmal frei geworden, werden Eure Durchlaucht gewiß mit mir 
einverstanden sein, wenn ich Seiner Majestät dafür Ihren mehrjährigen 
Mitarbeiter Flotow vorgeschlagen habe, dessen Unterbringung auf einem 
seiner Gesundheit mehr zusagenden Posten mir ja von Ihnen selbst ans 
Herz gelegt worden ist. Indem ich Eure Durchlaucht bitte, den Ausdruck 
meiner aufrichtigsten Verehrung entgegenzunehmen, bin ich mit den ge- 
horsamsten Empfehlungen an die Frau Fürstin Ihr stets ergebenster 
v. Bethmann Hollweg.“ 
Ich antwortete Bethmann: „Haben Sie besten Dank für die liebens- 
würdige Gesinnung, die aus Ihren gestern erhaltenen Zeilen spricht. Die 
für Wallwitz eingetretene Wendung hat ihn und die Seinigen schmerzlich 
betroffen: Er hatte sich in Brüssel eingearbeitet und eingelebt und war gern 
dort. Es kommt dazu, daß er für seine (neunzigjährige) Mutter Aufregung 
und Kummer fürchtet. Daß das alles auch meiner Frau nahegceht, die 
traurige Briefe von ihrer Tochter erhält, können Sie sich denken. Ich hatte 
schon, bevor ich Ihren Brief erhielt, der Gräfin Wallwitz geschrieben und 
Bülows 
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