Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

NICHT IN DER STIMMUNG 119 
entgangen sei. Das sei ein Wort, über das Bierbankpolitiker und Zimmer- 
strategen die Achsel zucken, das tiefgründigen Metaphysikern oberflächlich 
erscheinen könne, das sich aber in der politischen Praxis oft bewährt habe. 
Die Antwort auf meinen Brief war in der Form überaus verbindlich, 
sachlich nicht tröstlich. Seine Majestät der Kaiser sei gerade jetzt nicht 
in der Stimmung, auf noch so wohlgemeinte Warnungen zu hören. Die 
erhebenden Erinnerungen des Jubeljahres 1913, die überwältigenden Be- 
weise von Treue und Dankbarkeit, die der Dynastie und ihm selbst bei 
seinem fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläum dargebracht worden 
seien, vor allem die Vermählung seiner einzigen Tochter mit dem Erben 
des endlich versöhnten Welfenhauses hätten begreiflicherweise das Selbst- 
gefühl Seiner Majestät mächtig gehoben. Der Augenblick, wo seine Tochter, 
geleitet von dem König von England und dem russischen Zaren, zum Altar 
geschritten sei, erscheine dem hohen Herrn als der Höhepunkt seines 
Lebens und Wirkens, als ein sichtbares Zeichen, daß Gott mit ihm und mit 
uns sei. Schon vorher hatte mir der diensttuende Generaladjutant und 
Kommandant des Hauptquartiers Generaloberst von Plessen geschrieben, 
es dränge ihn, mir von der „jubelnden Freude“ zu berichten, die im Berliner 
Schlosse alle Herzen erfülle ob der Verlobung. „Die Majestäten sind glück- 
selig, und das hohe Brautpaar strahlt. Gottes Hand hat wunderbar ge- 
waltet.““ 
Freude war in Trojas Hallen, 
Eh’ die hohe Feste fiel.
	        
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