Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

AN DIE MAJESTÄT 145 
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Frieden, wert der ungeheuren Opfer, die das Vaterland in dieser Stunde 
fordert. Den Blick auf das Ziel gerichtet, lassen wir uns weder durch Er- 
folge, die Gott geben möge, in Sicherheit wiegen, noch durch Mißerfolge, 
die Gott verhüte, entmutigen. Noch nie war ein Volk verloren, das sich 
nicht selbst aufgab. Noch nie ist das deutsche Volk unterlegen, wenn es 
einig war. Heute sind wir einig, dank dem Reifen, den Bismarck uns ge- 
schmiedcet hat, dank auch dem Haß unserer Feinde, der uns noch fester 
zusammenhämmert. Die Unterschiede der Parteien sind verschwunden. 
Wir empfinden jetzt, wie gering diese Unterschiede sind, gemessen an dem, 
was uns gemeinsam ist. Die Haltung des deutschen Volkes in diesem Augen- 
blick, wo plötzlich und unvermutet ein schweres Gewitter über uns nieder- 
geht, ist über jedes Lob erhaben. Das anzuerkennen, ist nicht nur die Pflicht 
der Regierungen, die Pflicht der Welt, wenn sie gerecht sein will, es ist auch 
die Pflicht aller derjenigen, denen deutsche Eigenarten, die uns in der Ver- 
gangenheit Schaden brachten, Sorgen für die Zukunft einflößten. Heute 
müssen sich alle neigen vor der Größe des deutschen Volkes. Und wenn die 
Welt voll Teufel wär’, unser Volk wird seinen Platz an der Sonne ver- 
teidigen und behaupten.“ Der regierende Bürgermeister der alten und freien 
Hansestadt, Dr. v. Melle, schrieb mir am nächsten Tag: „Eurer Durch- 
laucht drängt es mich aus vollem Herzen zu danken für die erhebenden, 
mannhaften, echt deutschen Worte, die Sie in schwerer Stunde an Ihre 
Hamburger Freunde gerichtet haben. Sie werden einen lauten Widerhall 
finden, denn sie bringen in schönster Weise zum Ausdruck, was alle in 
diesen weltgeschichtlichen Tagen empfinden. Möge es Deutschland nie an 
geistigen Führern fehlen, die so aus einem innersten Herzen heraus zu ihm 
zu reden wissen.“ 
Von Hamburg begab ich mich mit meiner Frau nach Berlin. Dort ein- 
getroffen, schrieb ich einen kurzen Brief an den Kaiser, in dem ich ihm 
sagte, daß in dieser entscheidungsvollen Stunde mein ganzes Herz mit ihm 
sei. Er könne versichert sein, daß aus keinem preußischen und deutschen 
Herzen heißere und treuere Wünsche für die Armee, für das Vaterland und 
für ihn zu Gott emporstiegen als aus dem meinen. „Gott sei mit unseren 
Fahnen und gebe Eurer Majestät Sieg und Ruhm. Das ist mein innigster 
und treuer Wunsch.“ Meine Frau, der gegenüber Wilhelm II. immer von 
gleicher Freundlichkeit und Güte geblieben war, schrieb ihm: „Majestät! 
In dieser ernsten, feierlichen Stunde, die unser aller Herzen so tief bewegt, 
ist es mir ein Bedürfnis, Eurer Majestät zu sagen, wie warm und treu mein 
Herz für Sie und für die geliebte deutsche Heimat schlägt! Meine ganze 
Seele ist erfüllt von Hingebung für unsern kaiserlichen Herro, mit dem 
mich nicht allein patriotische Begeisterung, sondern so vicle liebe Erinne- 
rungen an vergangene Zeiten, an ernste und fröhliche Stunden verbinden. 
10 Bülow IU 
Brief an den 
Kaiser
	        
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