XI. KAPITEL
Rücktrittsabsichten Bethmann Hollwegs - Heroische Stimmung und Haltung des
deutschen Volkes » Bethmanns Kriegserklärung an Rußland, seine Motive - Unge-
schickte diplomatische Behandlung Italiens » Rumänien +» Gesprüch mit Fürst Wedel
über dje militärische Lage « Die Telephonate Lichnowskys mit Grey - Der Fall Lüttichs
General Ludendorf » Die ersten Nachrichten über die Marneschlacht - Der Einfall in
Belgien - Der Schlieffensche Plan » Rede Bethmanns über Belgien vom 4. August 1914
Der Fetzen Papier
taatsmännern und Völkern, die in ihr Verderben rennen, bietet, wie die
Geschichte lehrt, die Vorsehung oft noch eine letzte Möglichkeit, dem
Sturz zu entgehen. Fürst Bismarck hat in meiner Gegenwart in den achtziger
Jahren einmal ausgeführt, daß, wenn Emile Ollivier und der Duc de
Gramont im Jahre 1870 den Verzicht des Erbprinzen Leopold von Hohen-
zollern klug und geschickt ausgenutzt hätten, sie dem Kriege ausgewichen
wären und gleichzeitig einen starken politischen Erfolg erzielt haben würden.
Nach dem Eintreffen, meinte Bismarck, jenes Telegramms des Fürsten
Karl Anton von Hohenzollern, in dem er erklärte, im Namen seines Sohnes,
des Erbprinzen Leopold, auf den spanischen Thron zu verzichten, hätte
Ollivier sofort in das Corps lEgislatif gehen und dort etwa erklären müssen:
„U y a peu de temps, la candidature d’un prince prussien au tröne de
Charles-Quint avait surgi. La France a eleve sa voix, la France a ete& obäie.
Les bons rapports entre la France et sa noble s&ur, l’Espagne, n’ont jamais
ete troubles. Quant ä ceux, dont les ambitions et les intrigues ont mis en
danger la paix europ&enne, nous esperons et l’Europe espere avec nous
qu’ils ne recommenceront pas.‘‘ Nachdem Fürst Bismarck ungefähr so die
Rede skizziert hatte, die Herr Emile Ollivier hätte halten können, wenn er
eben nicht Ollivier, das heißt ein Schwachkopf gewesen wäre, fuhr er fort:
„Was hätte ich erwidern können? Ich wäre in eine schwierige Situation
geraten. Meine Stellung war damals nicht so fest, wie sie später wurde,
weder dem Ausland gegenüber noch im Inland. Mein alter Herr war keines-
wegs kriegerisch oder auch nur unternehmungslustig, der Kronprinz
ebensowenig. Die fürstlichen Damen, die Königin Augusta und die Frau
Kronprinzessin, waren gegen mich. Alle meine inneren Gegner, die Demo-
kratie in ganz Deutschland, die norddeutschen Fortschrittler und die
1870 und 1914