XV. KAPITEL
Bülows römische Mission 1914/1915 » Brief Bethmanns, Antwort Bülows - Reise nach
Rom Mitte Dezember 1915 » Jagow-Flotow gegeu Bülow » Brief Bullins « Für Bülow
freundliche Stimmen aus der Heimat
rotz der patriotischen Haltung der weit überwiegenden Mehrheit des
deutschen Volkes und der jedes Lob überragenden Leistungen der Armee
konnten ruhige, welterfahrene Beobachter sich nicht verhehlen, wie unge-
heuer schwierig die Aufgabe war, vor die, dank einer bereits in ilıren ersten
Demarchen unglücklichen Diplomatie, Armee und Volk sich gestellt sahen.
England, auf dessen Neutralität Bethmann mit der größten Bestimmtheit
gerechnet hatte, focht gegen uns. Es entfaltete Kräfte, die weit stärker
waren, als dies der arme Moltke angenommen hatte, der nach der englischen
Kriegserklärung gleichmütig meinte, er habe die englische Armee lieber vor
sich als Gegner, wo er sie mühelos schlagen könne, als in zweifelhafter und
lauernder Neutralität. Die Besorgnis, daß Italien und Rumänien, die sich
ihrer Bündnispflicht entzogen hatten, schließlich die Waffen gegen uns er-
heben könnten, griff bei Klarerblickenden mehr und mehr um sich. In
weiten Kreisen trat der Wunsch hervor, daß die Regierung mich nach Rom
entsenden möge, um einen letzten Versuch zu machen, Italien von einem
Vorgehen gegen unsere österreichischen Bundesgenossen abzuhalten.
Im Reichstag begegnecten sich in diesem Wunsche alle Partcien, von der
Rechten bis zu den Sozialisten. Andererseits taten Jagow und Beihmann,
was ihnen möglich war, um, ohne sich selbst allzu schr zu dekuvrieren,
meine Entsendung nach Rom zu verhindern. Einem der Fülrrer der Kon-
servativen, dem Grafen Schwerin-Löwitz, der dem Staatssekretär des
Äußern meine baldmöglichste Entsendung nach Rom ans Herz legte, er-
widerte Jagow mit gespieltem Erstaunen: „Aber gerade aus Rücksicht für
die Konservativen war ich gegen die Entsendung des Fürsten, da ein solcher
Schritt nach dem Zerwürfnis zwischen dem Fürsten und den Konservativen
von Ihnen und Ihren Freunden als ein Affront aufgefaßt werden könnte.“
Schwerin-Löwitz, ein Patriot und ein Ehrenmann, erwiderte, daß er die
Brouille zwischen dem Fürsten und den Konservativen lebhaft bedaucre,
die Schuld an dem Zerwürfnis aber, wie mancher andere Konservative,
t3 Bülow III
Vor Bülows
Entsendung
nach Rom