Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

232 BETHMANN BEFREMDET 
gekennzeichnet wird. Die Sprache des Majors von Schweinitz findet ja 
vielleicht eine Erklärung in seiner geringen Vertrautheit mit politischen 
Dingen und dem sich daraus ergebenden fehlenden Augenmaß für das mit 
Mitteln diplomatischen Drucks Erreichbare. Wir sind in Wien mit unserer 
Sprache bis an die Grenze dessen gegangen, was bei einem Bundesgenossen 
zulässig war, den Drohungen schließlich nur dazu gebracht haben würden, 
die Flinte ins Korn zu werfen und uns den Kampf mit unseren Gegnern 
allein zu überlassen. Ich habe persönlich in Teschen auf jede Weise auf 
Baron Burian einzuwirken gesucht, aber meinen Bemühungen konnte 
damals ein Erfolg um so weniger beschieden sein, als der Standpunkt des 
Ministers von dem anwesenden Chef des österreichisch-ungarischen 
Generalstabes nachdrücklich unterstützt wurde, trotzdem er mit seinem 
deutschen Kollegen der Ansicht Ausdruck gab, daß ein Eingreifen Italiens 
und Rumäniens auf der Seite unserer Gegner mit dem Verlust des ganzen 
Krieges für uns gleichbedeutend sein würde. Das scheint auch Herr von 
Schweinitz zu übersehen, dem Eure Durchlaucht anscheinend von dem 
Verlauf der Teschener Besprechung Kenntnis gegeben haben, wenn er 
unter Hinweis auf die Stellungnahme der beiden Generalstabschefs Baron 
Burian in einem seiner Berichte als unseren größten Feind bezeichnet. 
Gerade an dem Vorgehen Italiens hat Herr von Schweinitz ein mit Händen 
zu greifendes Beispiel vor Augen, welche Grenzen der diplomatischen Kunst 
gezogen sind, wenn sie sich nicht auf den realen Hintergrund verfügbarer 
militärischer Macht zu stützen vermag. Ich hoffe, daß er in Zukunft 
seine Aufgabe vornehmlich darin erblicken wird, neben Wahrnehmung 
seiner rein militärischen Öbliegenheiten die politische Aktion Eurer 
Durchlaucht an Ort und Stelle durch Einwirkung auf die militärischen und 
gesellschaftlichen Kreise, mit denen er in Berührung kommt, nachdrücklich 
zu unterstützen. In alter Verehrung bin ich mit den herzlichsten Grüßen 
Ihr treu ergebener Bethmann Hollweg.“ 
Herr von Bethmann Hollweg fühlte offenbar nicht, welche Verurteilung 
seiner mit dem Ultimatum an Serbien eingeleiteten Politik darin lag, daß 
er der Besorgnis Ausdruck geben mußte, Österreich könne im Falle eines 
zu weit gehenden deutschen Druckes sich bewogen fühlen, „die Flinte ins 
Korn zu werfen‘ und „uns den Kampf mit unseren Gegnern allein zu 
überlassen“, diesen fürchterlichen Kampf, in den er uns doch nur wegen 
Österreich geführt hatte. Und wenn der deutsche und der österreich- 
ungarische Generalstabschef übereinstimmend erklärten, ein Eingriff 
Italiens und Rumäniens auf der Seite unserer Gegner würde für uns mit 
dem Verlust des ganzen Krieges gleichbedeutend sein, so war es die ver- 
dammte Pflicht und Schuldigkeit des deutschen Kanzlers, einer solchen 
Eventualität mit allen Mitteln und um jeden Preis vorzubeugen.
	        
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