Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

Aufenthalt 
in Flottbek 
246 IN DER ELBPARKVILLA 
zu dürfen, welche Sie die große Güte hatten mir zur Kenntnisnahme an- 
zuvertrauen. Ich fand den Inhalt ebenso interessant wie bezeichnend für 
die Gemütsverfassung unserer Berliner Geschäftsführer.“ Ich hatte schon 
früher Zustimmung bei Ballin gefunden, als ich meine Eindrücke über 
unsere Lage in die Worte zusammenfaßte: „Haltung und Geist der Be- 
völkerung Ia — politische Führung Vb.“ 
In Hamburg eingetroffen, wurde ich von dem Regierenden Bürger- 
meister Herrn von Melle freundlicherweise zu einem Essen eingeladen, zu dem 
er eine größere Anzahl Senatoren und Mitglieder der Bürgerschaft gebeten 
hatte und bei dem er mir in zu Herzen gehender Rede im Namen der Stadt 
Hamburg für meine Tätigkeit in Rom dankte. Nicht lange nachher bezog 
ich die Eibparkvilla, wo mir ein schöner Empfang bereitet wurde. Aus 
der ganzen Elbgegend hatte sich eine große Menschenmenge eingefunden. 
Meiner Frau wurden Blumensträuße überreicht. Die Frauen der Flottbeker 
Kriegerhilfe und eine zahlreiche Kinderschar erfreuten uns mit Gesängen. 
Der Landrat des Kreises Pinneberg bielt eine Ansprache. In meiner Ant- 
wort gab ich der Freude Ausdruck, wieder dorthin zurückzukehren, wo ich 
das Licht der Welt erblickt hätte, wo ich einen großen Teil meiner Jugend 
verlebt hätte, wo ich jeden Baum und jeden Stein kenne. Wie oft wäre ich 
auf der Straße, die an der Elibparkvilla vorbeiführe und die mein ver- 
storbener Freund, der Dichter Detlev von Liliencron, mit Recht die schöuste 
Straße der Welt genannt hätte, am Sonntagmorgen mit meinen seligen 
Eltern zur Kirche gegangen, elbaufwärts nach Ottensen, oder elbabwärts 
nach Nienstedten. Als guter Preuße, der ich sei und bis an mein Lebens- 
ende bleiben werde, freute ich mich, in Flottbek auf preußischem Boden 
zu stehen. Ich freute mich aber auch der Nähe Hamburgs. In einer Stunde 
trüge das Schiff mich nach dem Hamburger Hafen, und ich sähe das 
Bismarckdenkmal vor mir, das gewaltige Standbild, das dem gewal- 
tigsten Sohn des deutschen Volkes errichtet worden wäre, ich erblickte 
die hochragenden, spitzen Türme der Stadt, an die mich soviel Erinnerungen 
knüpften, verwandtschaftliche Beziehungen und warme Sympathien, wo 
mir treue Freunde lebten, wo ich immer gern weilte, wo sich auch meine 
Frau wohlfühle, die das Land der Eichen und Buchen geradeso liebte wie 
ich. Ich dankte den um mich Versammelten, ganz besonders den Kindern, 
deren Väter im Felde stünden. Mit tiefer Bewegung hätte ich an der Flott- 
beker Bahnstation die Namen derjenigen Flottbeker gelesen, die in diesem 
Kriege gefallen wären und mit ihrem Blut die holsteinische Treue für König 
und Vaterland, für Kaiser und Reich bezeugt hätten. Ich schloß mit einem 
Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König. 
Die Leistungen der Armee während des Sommers 1915 erfüllten mich 
mit immer neuer Bewunderung. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz
	        
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