Kühlmann
Zimmermanns
Nachfolger
272 DAS BÜNDNIS MIT MEXIKO
stehen, wird es sicher möglich sein, diese guten Beziehungen aufrecht-
zuerhulten.‘“ Drei Wochen später wurde von uns der unbeschränkte
U-Boot-Krieg ohne rechtzeitige Benachrichtigung der amerikanischen
Regierung proklumiert. Gleichzeitig richtete der Staatssekretär Zimmer-
mann an den deutschen Gesandten in Mexiko einen Erlaß, in dem er dieser
von inneren Kämpfen zerrissenen, ganz oder halb verfaulten Republik, die
längst völlig von den Vereinigten Staaten abhing, ein Bündnis auf folgender
Basis vorschlug: Mexiko solle die früher an Amerika verlorenen Gebiete
von Texas, Neu-Mexiko und Arizona (zusammen fünfhunderttausend eng-
lische Quadratmeilen mit fast fünf Millionen Einwohnern) zurückerhalten,
dagegen versuchen, Japan für das deutsch-mexikanische Bündnis zu ge-
winnen; gemeinsame Kriegführung, gemeinsamer Friedensschluß, weit-
gehende finanzielle Unterstützung Mexikos durch Deutschland. Als dieses
groteske Angebot, das zudem technisch mangelhaft redigiert worden war,
in die Hände der Amerikaner hiel und von diesen entziffert und veröflent-
licht wurde, sagte mir ein Schweizer Freund, mit dem ich, damals wieder
vorübergehend in Luzern weilend, am Ufer des Vierwaldstätter Sees
spazierenging: „Der Gedanke, den amerikanischen Koloß mit Hilfe des
mexikanischen Zwergs zu überrennen, kommt mir gerade so vor, als wenn
ich Ihnen vorschlagen wollte, die englische Flotte mit den drei kleinen
Dampfern zu vernichten, die vor unseren Augen zwischen Luzern und
Flüelen hin und her fahren.“
Auf Zimmermann folgte als Staatssekretär des Äußern am 5. August
1917 Herr von Kühlmann, der, wie ich anläßlich der Tangerfahrt des
Kaisers erwähnte, durch sein gewandtes Hinauf- und Hinabklettern an
einer Strickleiter der „Hohenzollern“ das Herz Seiner Majestät gewonnen
hatte. Die übrigens nur vorübergehende Sympathie des Kaisers für den
jungen Diplomaten wurde dessen Unglück, weil sie ihn verführte, seine
Tätigkeit als Staatssekretär ganz auf die nicht immer glücklichen Einfälle
Seiner Majestät einzustellen.
Als sich Michaelis nicht nur unmöglich, sondern geradezu lächerlich ge-
macht hatte, stand Wilhelm II. wiederum vor der Notwendigkeit des
Suchens nach einem neuen Kanzler, dem sechsten seit Bismarck. Der
Kaiser, der glücklich gewesen war, Bismarck loszuwerden, der Caprivi
keine Träne nachweinte, Hohenlohe gleichgültig und mich mit Vergnügen
gehen ließ, trennte sich nur höchst ungern von Michaelis. Im Grunde ist
ihm nächst Bethmann Hollweg kein anderer Reichskanzler so sympathisch
gewesen. Michaelis gefiel ihm so gut, daß er, wie mir ein Ohrenzeuge erzählt,
wenige Wochen nach dessen Erhebung auf den Stuhl von Bismarck zu dem
König von Sachsen in [reudiger Stimmung sagte: „Zu Michaelis darfst du
mir gratulieren! Der ist der beste Kanzler, den ich während meiner ganzen