Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

XXI KAPITEL 
Ungünstige Nachrichten aus Österreich + Der dortige dentsche Botschafter Graf Botho 
Wedel - Rumänien tritt in den Krieg ein +» Hindenburg-Ludendorff » Der Gang der mili- 
tärischen Operationen + Die große Offensive in Frankreich im Frühjahr 1918 « Symptume 
zunchimender Erschöpfung in Deutschland »« Jämmerliche Schwäche der deutschen Re- 
gierung - Besuche Ballins in Klein-Flottbek, sein letzter Versuch, Wilhelm II. nufzu- 
klären » Brief Ileckschers an den Fürsten über den Zusammenbruch, Bülows Antwort 
Der Sowjet-Botschafter Joffe 
1733 stiegen immer schwärzere Wolken am politischen Horizont 
auf. Die Nachrichten aus und über Österreich lauteten besonders trübe. 
Nur unser neuer deutscher Botschafter in Wien, Graf Botho Wedel, salı 
nach wie vor alles in rosa. Seine Berichte waren eine fortlaufende Be- 
stätigung der optimistischen Informationen, die er dem ahnungslosen 
Michaelis und dem überalterten Hertling anläßlich ihrer Besuche am 
Wiener Hof gegeben hatte und die zum Unglück Deutschlands die verant- 
wortlichen Leiter unserer Politik hinsichtlich der Bundestreue Österreich- 
Ungarns in Sicherheit wiegten. Wedel war völlig dadurch eingeschläfert 
worden, daß seine Schwiegermutter, die Gräfin Luise Gröben, als sie ihre 
Kinder an der schönen blauen Donau besuchte, aus den eigenen Händen 
der Kaiserin Zita den österreichischen Elisabeth-Orden mit Brillanten er- 
hielt, was, vom höfischen Standpunkt aus, eine seltene Auszeichnung war. 
Dieser Allerhöchste Gnadenbeweis hatte aber nicht verhindert, daß 
Kaiser Karl um dieselbe Zeit Deutschland verriet, indem er dem Präsi- 
denten der Französischen Republik Poincare durch seinen Schwager, den 
Prinzen Sixtus von Parma, versprechen ließ, daß er mit allen Mitteln und 
unter Einsetzung seines ganzen persönlichen Einflusses die „gerechten“ 
Rückforderungsansprüche, die Frankreich hinsichtlich Elsaß-Lothringens 
stelle, unterstützen werde. Gleichzeitig hatte Kaiser Karl um einen Sonder- 
frieden gebeten. Er hat diesen Brief und den Versuch, Deutschland zu ver- 
raten, ableugnen wollen, ist jedoch von Clemenceau in voller Öffentlichkeit 
durch Publikation des Faksimile seines Briefes der dreisten Lüge überführt 
worden. Dahin hatten die blinde Gefolgschaft von Bethmann und Jagow 
gegenüber Österreich, die falsch verstandene Ritterlichkeit des Kaisers 
Wilhelm für den greisen Kaiser Franz Josef geführt. Daß es nicht schon 
Die Sizxtus- 
Affäre
	        
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