Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

Der Krieg 
mit 
Rumänien 
280 DIE RUMÄNISCHE SCHWENKUNG 
1917 zu einem Abfall der Habsburger gekommen war, verdankte Berlin nur 
der Hartnäckigkeit, mit der Sonnino an der italienischen Forderung des 
Trentino und der Stadt Triest festgehalten hatte. Kaiser Karl wollte zwar, 
daß wir Elsaß-Lothringen abtreten sollten, er selbst aber war nicht geneigt, 
Trient und Triest den „gottlosen‘“ Italienern zu überlassen. 
Auch der Eintritt Rumäniensin den Krieg hatte die Lage der Zentral- 
mächte erheblich belastet. Die ungarische Regierung konnte sich auch nach 
1914 nicht entschließen, den im Bereich der Stefanskrone lebenden fast 
drei Millionen Rumänen eine bessere Behandlung und eine einigermaßen 
ihrer Zahl entsprechende Vertretung im ungarischen Parlament in Aussicht 
zu stellen. Die Berliner Politik hatte, wie vor einem Jahr gegenüber Italien, 
so auch gegenüber Rumänien versagt. Sie hatte es nicht vermocht, in Wien 
die unerläßlich gewordenen Zugeständnisse an Italien durchzusetzen; sie 
war ebensowenig imstande gewesen, Ungarn zu einer freundlicheren 
Haltung gegenüber Rumänien zu bewegen. Umsonst hatten bis zuletzt der 
tapfere Carp in Bukarest und der rumänische Gesandte in Berlin, der 
tüchtige Beldiman, mit direkten Berichten an den König von Rumänien 
für die deutsche Sache gekämpft. Die Anhänger der Entente, geführt von 
Take Jonescu und Nikolaus Philipescu, siegten, da sie sich darauf berufen 
konnten, daß, während die Zentralmächte Rumänien keinerlei Entgegen- 
kommen zeigten, die Entente dem Königreich ganz Siebenbürgen, die 
Bukowina und das Banat in Aussicht stellte. Auf den italienischen Front- 
wechsel war die rumänische Schwenkung erfolgt. Am 27. August 1916 hatte 
der König Ferdinand von Rumänien Österreich-Ungarn den Krieg erklärt. 
Er, ein Hohenzoller, der im Ersten Garde-Regiment zu Fuß gestanden hatte, 
verriet Preußen, die Armee, sein Vaterland. Hindenburg und Ludendorf, 
die achtundvierzig Stunden nach der rumänischen Kriegserklärung endlich 
von Kaiser Wilhelm II. mit der obersten Heeresleitung betraut wurden, 
sorgten dafür, daß nicht nur der rumänische Angriff paralysiert wurde, 
sondern sie gaben der gesamten deutschen Kriegführung neue Impulse. 
Während, von unseren Staatsmännern unbcachtet, das Geschwür des 
Verrats in der Wiener Hofburg um sich fraß, während im Innern Deutsch- 
lands eine in der Stille, aber mit Zähigkeit betriebene Propaganda an der 
Kampfkraft der Nation nagte, erfochten die deutschen Armeen unter dem 
Oberbefehl Hindenburgs auf allen Kriegsschauplätzen unsterbliche Siege. 
Es war ein tragischer Kontrast, der die Entwicklung des Jahres 1918 für 
Deutschland kennzeichnete: unvergleichliche militärische Leistungen an 
der Front, eine unheimlich um sich greifende Entmutigung, eine schlei- 
chende Erschöpfung in der Heimat. Die Kriegsgeschichte kennt kaum eine 
großartigere Leistung als die deutsche Offensive im März 1918, der Hinden- 
burg das Ziel wies, durch eng zusammenhängende Teilschläge das feindliche
	        
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