DER MARSCHALL FOCH 315
mühselige Übersetzungsarbeit seines Büros abwarten mußte, um sich über-
haupt ein Bild von dem zu machen, was die Gegenseite verlangte. Kostbare
Stunden gingen hierbei verloren.
Was Marschall Foch in Compiegne begonnen hatte, wurde bei den wei-
teren Verhandlungen in Trier, Mainz und Spa System: dem Gegner kurze
Fristen setzen und rücksichtslos abreisen, wenn die Frist abgelaufen war.
Der Schaden, den die absolute Unfähigkeit Erzbergers zur Führung der-
arliger Verhandlungen angerichtet hat, ist nicht zu bemessen und ist nie
wieder gutzumachen. Er hatte geglaubt, als Zivilist, als „Volksmann‘“ dem
französischen Marschall Vertrauen einzuflößen, erfuhr aber von ihm nur
eine hochmütige und verletzende Behandlung. Erzberger kam unter den
Druck von Foch, dem die Hilf- und .Abwehrlosigkeit des deutschen Ver-
handlungsführers eine Art sadistischer Freude bereitete, von Verzicht zu
Verzicht.
Es dauerte lange, bis die Erkenntnis von seiner Unzulänglichkeit
über den Salonwagen hinausdrang, der Erzberger in jenen Monaten wieder-
holt zu Marschall Foch führte. Die ersten substantiierten Klagen kamen aus
den Kreisen der Reederei und Schiffahrt, deren Interessen Erzberger zu
leichtfertig vertreten hatte, als daß sie dazu hätten schweigen können. Erz-
berger hatte, leichtsinnig und unüberlegt wie er war, die Aufforderung des
Marschalls Foch, sich in Trier zu einer dreitägigen Verhandlung einzu-
finden, dahin beantwortet, daß ihm zwei Verhandlungstage genügten. Be-
stimmend für dieses seltsame Verhalten war sein Wunsch gewesen, Trier
auf dem Umweg über die Schweiz zu erreichen, wo er einen der Agenten zu
sehen beabsichtigte, die dort in seinem Solde sich gute Tage machten, ohne
etwas Greilbares dafür zu leisten. Als die Waffenstillstandskommission in
Trier eintraf, stellte es sich heraus, daß Foch gute Gründe gehabt hatte,
drei Verhandlungstage vorzuschlagen. Er wünschte über die Modalitäten
der Auslieferung der deutschen Handelsflotte zu verhandeln und war der
Ansicht gewesen, daß hierzu die Zuziehung von Sachverständigen aus
Reederei- und Schilfahrtskreisen notwendig war. Da Foch seinen Verhand-
lungsgegenstand nicht vorher zu präzisieren pflegte, war dies eine voll-
kommene Überraschung, und die in aller Eile telegraphisch herbeigerufenen
Sachverständigen kamen, dank dem unüberlegten Verzicht Erzbergers, eine
Stunde vor der zur Unterzeichnung der Abmachungen bestimmten Frist an,
auf der Marschall Foch unerbittlich beharrte.
Es war unter diesen Umständen nicht zu verwundern, daß Erzberger,
der Reklame ungeachtet, die er für sich machte, durch seine mangelhafte
Geschäftsführung allmählich auch die Unzufriedenheit Eberts und Scheide-
manns erregte, die eine Reise Erzbergers nach der Schweiz benutzten, um
den Grafen Brockdorff-Rantzau mit der Vorbereitung der Friedens-
Graf
Brockdor/ff-
Ranızau