Freiherr
v. Schorlemer
Prinz Stolberg
348 SCHORLEMER — HERMANN STOLBERG
gefallen ist, die erste Hochflut ungezählter Sympathieempfindungen vor-
über, kann ich es mir nicht länger versagen, Ihnen mit wenigen Worten
auszusprechen, wie schmerzlich ich diese Wendung der Dinge empfinde
und beklage! Konnte ich es doch vielleicht mit am vorurteilslosesten
beurteilen, welche Verdienste Sie sich um die Krone, um unsere äußeren
und unsere Gesamtverhältnisse erworben haben! Ein Trost bleibt aber
Ihnen, sowohl Ihnen wie mir und Millionen treuer Patrioten, das ist die
Art Ihres Scheidens, die das Bewußtsein in sich schließt, daß der König
und wir alle in ernsten Zeiten mit dem in voller Frische unter uns weilenden
best bewährten deutschen Manne noch rechnen dürfen. Über die Kurz-
sichtigkeit gewisser Leute sich hier zu verbreiten, erübrigt sich. Und da die
Dummen nie alle werden, müssen sie und leider noch viele, die weniger
dumm sind, am eigenen Leibe erst das erfahren, was sie nicht begreifen
können oder wollen. Ihr für alle Zeit treu ergebener Fürst Solms-Baruth.“
Aus seinem Schloß Lieser an der Mosel schrieb mir Freiherr Clemens
von Schorlemer, damals Oberpräsident der Rheinprovinz, ein Jahr
später preußischer Minister der Landwirtschaft: „‚Euer Durchlaucht haben
nach bewegten Tagen wohlbehalten Norderney erreicht! Ich bitte, die so
wohltätige und erquickende Ruhe nach dem Sturme für einen Augenblick
stören zu dürfen, um auch meinerseits das aufrichtige und tiefempfundene
Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, daß die Stellungnahme des
Reichstags zur Reichsfinanzreform Euer Durchlaucht das längere Ver-
bleiben im Amte des Reichskanzlers unmöglich gemacht hat. Diesen Aus-
gang der Krisis beklagen auch in der Rheinprovinz nicht nur die zahl-
reichen Anhänger und Verehrer Eurer Durchlaucht, sondern ebenso mit
verschwindenden Ausnahmen die politischen Gegner, dankbar gedenkend
an das, was Euer Durchlaucht an leitender Stelle für die Erhaltung des
Friedens und der Machtstellung Deutschlands, für die Förderung von
Industrie und Landwirtschaft in langjähriger erfolgreicher Tätigkeit ge-
schaffen haben. Daß ich persönlich mit besonders schmerzlichem Emp-
finden Euer Durchlaucht aus dem Amte scheiden sehe, bedarf wohl nicht
der ausdrücklichen Versicherung! Das wohlwollende Entgegenkommen und
die verständnisvolle Zustimmung, welche ich in meiner dienstlichen Tätig-
keit und für meine Anschauungen in politischen und kirchenpolitischen
Fragen bei Eurer Durchlaucht stets gefunden habe, werden immerdar für
mich der Gegenstand unvergeßlicher, dankbarster Erinnerung bleiben.“ >;
Aus der Provinz Posen, wo er tapfer und besonnen für das Deutschtum
wirkte, schrieb mir Prinz Hermann Stolberg, ein Sohn des dreizehn Jahre
früher heimgegangenen Fürsten Otto zu Stolberg-Wernigerode, der mir
einst in Wien ein so wohlwollender Chef gewesen war: „Das Vaterland wird
Ihnen nie vergessen, was Sie für dasselbe getan haben. Ich schreibe Ihnen